Garefrekes wie Gomez - Urkunde statt Tor-Trauma
Berlin (dpa) - Vor der kargen Betonwand im Bauch des Berliner Olympiastadions konnte Kerstin Garefrekes schon wieder über ihr Missgeschick schmunzeln.
„Ein bisschen“ habe sie an Mario Gomez gedacht, berichtete sie über die 66. Minute beim 2:1 (2:0) von Deutschlands Fußball-Frauen gegen Kanada zum WM-Auftakt. Völlig frei stehend hatte sie den Ball aus sechs Metern über das leere Tor geschaufelt und so das wohl entscheidende 3:0 vergeben. „Das war eine Tausendprozentige. Wenn man die vergeigt, ist das kein schönes Gefühl“, gab die 31-Jährige zu.
Doch anders als der heutige Bayern-Stürmer, der sich bei der EM 2008 in Wien gegen Österreich aus drei Metern blamiert hatte, verließ Garefrekes die Arena mit einer Urkunde statt mit einem Tor-Trauma im Gepäck. Vor ihrem Aussetzer verdiente sie sich nicht nur mit dem Führungstreffer (10. Minute) und einem langen Pass zum 2:0 von Celia Okoyino da Mbabi (42.) die Ehrung als „Spielerin des Spiels“. „So eine Auszeichnung ist schön, aber nicht das Wichtigste an so einem Tag“, meinte die Mittelfeldspielerin trotz ihres Gala-Auftritts mit kleinem Makel bescheiden.
Ähnlich ruhig wie die Halbtags-Beamtin der Stadtkämmerei Frankfurt selbst war es vor der WM auch um ihre Rolle im Team bestellt. Öffentlich diskutiert wurde, ob Melanie Behringer oder Fatmire Bajramaj über links kommen oder die jungen Wilden Okoyino da Mbabi und Alexandra Popp ihre etablierten Sturmkonkurrentinnen Birgit Prinz und Inka Grings verdrängen. Garefrekes ist im Offensivquartett von Bundestrainerin Silvia Neid die Konstante und stand auch im 13. Spiel nacheinander in der Anfangsformation. Einzig Rekordnationalspielerin Prinz, die nach 56 Minuten ausgewechselt wurde, kann eine längere Serie aufweisen.
Nach jeweils einem Erfolgserlebnis beim 4:1 gegen Kanada (2003) und 11:0 über Argentinien (2007) setzte Garefrekes auch ihre Serie von Treffern zum WM-Auftakt des deutschen Teams fort. Neben laufintensiver Defensivarbeit zeigte sie gegen Kanada vor allem ein beeindruckendes Wechselspiel mit Behringer. „Augenkontakt, dann passt's“, erklärte Garefrekes die Abstimmung mit ihrer Vereinskollegin vom 1. FFC Frankfurt. „Sie haben viel Druck über die Außen gemacht und gute Flanken geschlagen“, lobte Neid ihre Flügelzange, „das war sehr, sehr gut.“
Wenn man gewinne, „knabbert man nach dem Spiel da nicht mehr dran“, sagte Garefrekes auf dem Weg zum Mannschaftsbus noch erleichtert zur Szene des Tages. Bleibende Schäden sind bei ihr im Gegensatz zu Gomez, der nach dem EM-Gruppenspiel elf Spiele im Nationaldress ohne Tor geblieben war, wohl nicht zu erwarten. Schon kurz vor der Führung war sie aus guter Position an Kanadas Torfrau Erin McLeod gescheitert und hatte sich selbst wieder aufgerichtet: „So ist das halt im Sport. Da liegen Pech und Glück nah beieinander. Da muss man drauf vertrauen, dass die nächste Chance kommt.“