Grausamer Alltag: Bomben, Kämpfe und Hinrichtungsvideos
Istanbul/Damaskus (dpa) - Im syrischen Bürgerkrieg bilden sich immer mehr Fronten. Soldaten des syrischen Regimes nahmen nach Angaben von Aktivisten mit Hilfe libanesischer Hisbollah-Kämpfer erneut Rebellen in der grenznahen Kleinstadt Al-Kusair massiv unter Beschuss.
In Aleppo lieferten sich Rebellen und kurdische Gruppen heftige Gefechte, wie die oppositionellen Menschenrechtsbeobachter mitteilten. Hundert kurdische Zivilisten würden von Rebellen östlich der Metropole festgehalten.
Bei der Bombardierung eines Gefängnisses seien zudem mindestens 15 Häftlinge getötet worden. Den Aktivisten zufolge wurde die Haftanstalt während der Kämpfe zwischen Rebellen und Truppen des Präsidenten Baschar al-Assad getroffen. Bis zum frühen Dienstagnachmittag meldeten Oppositionelle mindestens 35 Tote, die meisten im Großraum Damaskus.
Im Libanon töteten derweil Unbekannte an einer Straßensperre in der grenznahen Ortschaft Arsal am frühen Morgen drei Soldaten. Nach Angaben örtlicher Medien konnten sie nach Syrien entkommen.
Auch Videos von Scharia-Gerichten und Hinrichtungen häufen sich im Internet. Ein Menschenrechtsaktivist identifizierte nun zwei Zivilisten, die von militanten Islamisten in der Stadt Al-Rakka hingerichtet worden waren. Seinen Angaben zufolge handelt es sich um einen Zahnarzt und einen Lehrer aus dem Umland der Stadt Homs.
Die beiden Angehörigen der religiösen Minderheit der Alawiten seien zusammen mit einem dritten Mann am 14. Mai auf einem Platz in Al-Rakka von Mitgliedern der Gruppe Islamischer Staat im Irak und Syrien erschossen worden. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter veröffentlichte das Video, auf dem Hunderte Menschen zu sehen sind, die der Hinrichtung beiwohnen.
Hilfsorganisationen geraten ebenfalls zwischen die Fronten. Ein 26-jähriger britischer Arzt kam bei einem Bombenangriff auf ein Behelfs-Krankenhaus in der nordwestlichen Stadt Idlib ums Leben. Die Hilfsorganisation „Hand in Hand for Syria“ teilte mit, die Bombe habe das Krankenhaus bereits am vergangenen Mittwoch getroffen; der junge Arzt aus London sei wenig später gestorben.
In Aleppo wurde ein SOS-Kinderdorf von einer Rakete getroffen. Wie die Hilfsorganisation mitteilte, wurde niemand verletzt, da die Bewohner bereits im September 2012 vorsorglich in Sicherheit gebracht worden waren.
Derweil macht Damaskus es syrischen Männern schwerer, sich von der Wehrpflicht freizukaufen. Viele im Ausland lebende Syrer bezahlen dafür, weil sie nicht gegen die Rebellen kämpfen wollen. Nach einem Bericht der regimetreuen Zeitung „Al-Watan“ hat Assad den Preis für die Befreiung vom Dienst an der Waffe per Dekret von 5000 auf 15 000 US-Dollar hochgesetzt. Dem Bürgerkrieg in Syrien sind seit 2011 rund 80 000 Menschen zum Opfer gefallen.