Hintergrund: Der Schuldenschnitt für Griechenland
Berlin (dpa) - Die Verhandlungen zum Schuldenschnitt in Griechenland werden immer verworrener. dpa erläutert die Hintergrunde:
Worum geht es bei den Verhandlungen?
Die privaten Gläubiger Griechenlands - vor allem Banken, Versicherungen und Hedge-Fonds - sollen freiwillig bestehende Staatsanleihen in neue tauschen, dabei auf Teile ihrer Forderungen verzichten und auch niedrigere Zinsen in Kauf nehmen. Der Bankenverband IIF verhandelt mit Athen über die Konditionen. Griechenlands internationale Geldgeber von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) sitzen zwar nicht mit am Tisch, sind aber der unsichtbare Dritte in den Verhandlungen: Sie entscheiden über weitere, überlebensnotwendige Hilfen, daher muss eine Einigung für sie akzeptabel sein.
Welche Interessen haben die verschiedenen Parteien?
Der Schuldenschnitt soll Griechenland helfen, seine verbliebenen Verbindlichkeiten auf Dauer abbezahlen zu können. Darum ist es wichtig, dass die Zinsen für neue, langfristige Anleihen im Zuge einer Schuldenschnitt-Umschichtung nicht zu hoch liegen. Die Banken und andere Gläubiger wollen ihre Verluste so gering wie möglich halten und pochen daher unter anderem auf höhere Zinsen.
Was würde eine Einigung bedeuten?
Entscheidend ist, wie viele der privaten Gläubiger dann auch wirklich mitziehen. Die Banken stehen in ihren Heimatländern häufig indirekt unter politischem Druck mitzumachen. Anders sieht es bei den Hedge-Fonds aus: Für sie geht es allein ums Geld. Deshalb ist es vorstellbar, dass Athen die Gläubiger über eine nachträgliche Änderung der Anleihekonditionen am Ende doch noch zwingen muss, sich an dem Schuldenschnitt zu beteiligen. Dagegen könnten sie zwar rechtlich vorgehen, doch solche Verfahren würden sich wohl jahrelang hinziehen.
Welche Hindernisse könnten noch auftreten?
Ist der Schuldenschnitt doch nicht freiwillig, wird unweigerlich die Frage neu diskutiert werden, warum eigentlich die öffentlichen Gläubiger Griechenlands, allen voran die EZB, dabei außen vor bleiben sollen. Denn auch dies lässt sich rechtlich anfechten. Ihre Beteiligung würde aber Folgen für die Steuerzahler in der Eurozone haben - die anfallenden Milliarden-Verluste würden sich auf die eine oder andere Weise in den nationalen Haushalten niederschlagen. Außerdem würden bei einem erzwungenen Schuldenschnitt sogenannte Kreditausfallversicherungen fällig, was Experten aber für verkraftbar halten.
Wann ist Griechenland pleite?
Sobald ein Schuldenschnitt beschlossen wird, ist Griechenland aus Sicht der Ratingagenturen technisch pleite und wird entsprechend herabgestuft. Das hat zunächst keine weiteren Konsequenzen. Gibt es überhaupt keinen Schuldenschnitt, kommt es spätestens am 20. März zu einer sehr ernsten Situation, wenn Griechenland 14,4 Milliarden Euro Schulden umschichten muss. Gefährlich wird es aber erst, wenn dann kein weiteres Geld von den internationalen Helfern fließt. In dem Fall läge eine „ungeordnete Insolvenz“ vor, der griechische Staat und die Banken würden kollabieren - mit unabsehbaren Folgen für das Weltfinanzsystem. Niemand will das, doch dürfte die Androhung dieses Szenarios weiter aufrechterhalten werden, damit Griechenland das ihm auferlegte Sparprogramm auch tatsächlich umsetzt.