Hintergrund: Die umstrittenen Punkte des Verfassungsentwurfs
Kairo (dpa) - Der von Islamisten formulierte Entwurf einer neuen ägyptischen Verfassung enthält einige Artikel, die von allen Parteien befürwortet werden. Dazu gehört die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten.
Säkulare Parteien, Menschenrechtler, Frauenrechtlerinnen und die ägyptischen Christen nehmen jedoch an zahlreichen Artikeln Anstoß. Außerdem kritisieren sie, dass die Gleichberechtigung der Frau und der Schutz der Kinder vor Ausbeutung und Zwangsheirat darin nicht explizit erwähnt werden.
- Artikel 4 spricht den Islam-Gelehrten des Al-Azhar-Institutes in Kairo die Interpretationshoheit in Fragen des islamischen Rechts („Scharia“) zu. Dies war bisher den Richtern vorbehalten. Da die Verfassung zudem festlegt, dass „die Prinzipien der islamischen Scharia die Hauptquelle der Gesetzgebung sind“, erhalten die Religionsgelehrten so Einfluss auf die Gesetzgebung.
- Artikel 10 stellt fest, dass die Religion, der Patriotismus und die Moral die Grundlagen der ägyptischen Familie sind. Diesen „wahren Charakter der ägyptischen Familie“ soll der Staat schützen. Kritiker meinen, dass dieser Artikel von den staatlichen Institutionen benutzt werden kann, um den Bürgern einen von islamistischen Politikern propagierten Lebensstil aufzuzwingen.
- Nach Artikel 44 ist es verboten, Propheten oder Gesandte Gottes zu beleidigen. Atheisten und säkulare Ägypter befürchten, dass es künftig noch mehr Verurteilungen wegen „Beleidigung der Religion“ geben wird.
- Artikel 53 legt fest, dass es für jede Berufsgruppe nur eine Gewerkschaft geben darf. Damit schiebt man der Gründung unabhängiger Gewerkschaften, die sich der Kontrolle durch die Regierungsparteien entziehen, einen Riegel vor.
- Artikel 232 schließt alle führenden Mitglieder der ehemaligen Regierungspartei NDP für zehn Jahre vom politischen Leben aus. Dies betrifft nicht nur führende Funktionäre der Partei, sondern auch ehemalige Parlamentarier. Einige Ägypter meinen, dass die Islamisten dieses Verbot erlassen wollen, um die Zahl ihrer Konkurrenten bei den kommenden Wahlen zu reduzieren.