Hintergrund: Wie Metropolen mit der Terrorgefahr umgehen
Berlin (dpa) - Auf die verheerenden Terroranschläge von Paris reagieren einige Metropolen mit verschärften Sicherheitsmaßnahmen. Großstädte, die schon einmal Ziel von Terroristen waren, sind besonders aufmerksam.
Aber es gibt auch einen Gewöhnungseffekt.
NEW YORK: Wenn es irgendwo in der westlichen Welt einen Anschlag gibt, sind sie wieder da: Mit Sturmgewehr und Helm stehen Polizisten in wichtigen New Yorker U-Bahn-Stationen, die schusssichere Weste haben sie sowieso meist dabei. Doch die Polizisten sehen meistens etwas gelangweilt aus.
Mehr als 14 Jahre sind seit den Angriffen vom 11. September 2001 vergangen und seitdem hat es keinen großen Anschlag mehr in New York gegeben. Das 9/11-Mahnmal, an dem man sich vor zwei Jahren noch wie am Flughafen kontrollieren lassen musste, kann man jetzt betreten wie jeden anderen Platz auch. Wie jeder andere Platz ist es aber auch mit Kameras gespickt.
Polizeichef Bill Bratton fürchtet auch in seiner Stadt den Angriff auf „weiche Ziele“, abseits der gut bewachten Schwerpunkte. Hunderte Theater und Tausende Restaurants können nicht komplett geschützt werden. Die New Yorker versuchen es mit Ausblenden: Wo immer man sich mit ihnen unterhält - das Terrorrisiko ist selten ein Thema.
LONDON: Die Briten leben schon lange mit der Terrorgefahr. Jahrzehntelang brannte der Nordirland-Konflikt, Bombenleger der IRA waren auch in London aktiv. „In den U-Bahn-Stationen gab es häufig Alarm“, erinnert sich ein Londoner. „Die Leute waren einfach daran gewöhnt.“
Die Gedenkfeiern zum zehnten Jahrestag der Bombenanschläge auf U-Bahnen und einen Bus, bei denen neben den vier islamistischen Selbstmordattentätern 52 Menschen starben, fielen denn im vergangenen Sommer auch bescheiden aus. In London gibt es mehr Überwachungskameras als in jeder anderen europäischen Stadt. Vielen Menschen ist die Gefahr bewusst - nur sie reden nicht viel darüber.
OSLO: Auch viereinhalb Jahre, nachdem Anders Behring Breivik in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen ermordete, jagt die Erinnerung den Norwegern eine Gänsehaut über den Rücken. Im Regierungsviertel sind die Spuren einer Autobombe noch sichtbar. In einer Ausstellung setzten sich Tausende Einheimische mit den Geschehnissen von damals auseinander. Heute wie damals reagieren viele Norweger mit Trauer und Wut, aber auch mit Trotz.
MADRID: Spaniens Hauptstadt wurde am 11. März 2004 vom schwersten Anschlag in einer Großstadt in der Geschichte der EU erschüttert. Bei mehreren Bombenanschlägen islamistischer Terroristen starben 191 Menschen, fast 1900 wurden verletzt.
Inzwischen sind die Anschläge auf Pendlerzüge etwas in Vergessenheit geraten. Die Erinnerung an die Anschläge wird von politischem Streit überschattet. Drei Tage danach fanden damals Wahlen statt, bei denen die Sozialisten die Konservativen von der Macht verdrängten. Konservative verbreiteten Verschwörungstheorien, bei den Anschlägen seien Drahtzieher am Werk gewesen. Dies wurde von der Justiz strikt zurückgewiesen.
ROM: In Italiens Hauptstadt und im VATIKAN gibt es mehr Polizei an sensiblen Punkten und an Touristenattraktionen sowie 700 zusätzliche Soldaten, da zum Heiligen Jahr ab dem 8. Dezember Millionen Pilger in der Stadt erwartet werden. „Die Besorgnis über die terroristische Bedrohung steigt mit dem Heiligen Jahr“, sagt Innenminister Angelino Alfano. „Der Papst, der Vatikan, Rom und andere Symbole des Christentums standen bereits im Zentrum der Drohungen.“
BERLIN: Auch die deutsche Hauptstadt ist aus Sicht von Polizei und Verfassungsschutz ein mögliches Ziel von Anschlägen. Ein Politiker sagte im Frühjahr 2015 in einem Parlamentsausschuss, die Frage sei nicht, ob es einen Anschlag gebe, sondern wann. Die Behörden bekräftigen, sie seien gut aufgestellt, könnten aber keine Details nennen.
Sichtbar sind erhöhte Sicherheitsvorkehrungen in Berlin jedenfalls kaum. Regierungsgebäude und Synagogen werden schon lange bewacht. Das Leben geht auch nach den Paris-Anschlägen seinen normalen Gang mit überfüllten S-Bahnen am Morgen, vollen Restaurants am Abend und dem Aufbau zahlreicher Weihnachtsmärkte.