In manchen Kommunen herrscht Sorge vor Maut-Ausweichern
Dieburg (dpa) - Die Maut für schwere Lastwagen wird ausgedehnt - von den Autobahnen auf große Bundesstraßen. In manchen Kommunen sorgt das für ziemliche Bedenken. Sie fürchten, dass laute Brummis künftig zu ihnen ausweichen.
Zum Beispiel die Bundesstraße 45, mitten in Deutschland. Auf etwas mehr als 150 Asphalt-Kilometer zieht sie sich unter anderem durch einen Teil des Odenwalds Richtung Baden-Württemberg. Durch das hessische Babenhausen führt sie zwar nicht - doch genau das ist das Problem für die 16 000-Einwohner-Stadt, wenn an diesem Mittwoch die Lkw-Maut auf zahlreiche gut ausgebaute Bundesstraßen in ganz Deutschland ausgedehnt wird. Denn auch auf der benachbarten B45 werden künftig Nutzungsgebühren kassiert. Und mancher tonnenschwere Brummi könnte deswegen auf andere Routen ausweichen. Die günstigste Variante führt über die B26 durch Babenhausen.
„Die Maut bedeutet für die Speditionen im Schnitt 17 Cent pro Kilometer mehr an Kosten“, rechnet Babenhausens CDU- Fraktionsvorsitzender Friedel Sahm vor. „Und weil das so ist, werden von Speditionen und LKW-Fahrern günstigere Strecken gesucht, die von der Gebühr nicht betroffen sind.“ In vielen anderen Rathäusern in Deutschland machen sich Kommunalpolitiker ähnliche Sorgen.
Babenhausens Problem: Die B26 ist zwar hier und dort sehr gut ausgebaut. Aber sie ist nicht an eine Autobahn angebunden. Damit erfüllt sie auch nicht die Maut-Kriterien des Verkehrsministeriums, somit bleibt die Straße mautfrei. „Babenhausen ist wie ein Nadelöhr, die Lkw-Kolonnen führen zwangsläufig hier durch“, ärgert sich Sahm. Der Rentner fürchtet einen Verkehrskollaps, weil es bereits jetzt lange Staus gibt zur Stoßzeit. „Lastwagenfahrer reden miteinander, sie werden den Tipp mit Babenhausen sicher weitergeben.“
Das Bundesverkehrsministerium in Berlin rechnet dagegen nicht mit „Mautausweichverkehren im größeren Umfang“. Denn die neuen Maut- Bundesstraßen seien meist Zubringer zu ohnehin mautpflichtigen Autobahnen. Die Entwicklung solle aber aufmerksam beobachtet werden.
Insgesamt werden in Deutschland durch die Ausweitung der Mautstrecken für Lastwagen rund 1100 Kilometer zusätzlich zu den 13 000 Kilometern Autobahn in Deutschland für Lkw kostenpflichtig. In Hessen sind elf Verbindungen betroffen - darunter eben die B45 zwischen Dieburg und dem Hanauer Kreuz.
Auch in anderen Orten gibt es Befürchtungen, störender Durchgangsverkehr, der Gemeinden bereits jetzt plagt, könnte zunehmen. „Es wird sicherlich durch die Maut nicht besser und auch nicht leiser werden in unserer Stadt“, mutmaßt der Bürgermeister von Dieburg, Werner Thomas. Bislang seien die Lkw um das Stadtzentrum herumgefahren. „Wer sich die Maut sparen will, der könnte das jetzt anders sehen und durch Dieburg fahren, obwohl dort Lkw-Verbot herrscht.“
Das benachbarte Rödermark teilt diese Sorgen: Durch Rödermarks Stadtteil Waldacker bewegen sich 18 000 Fahrzeuge pro Tag, wie Dieter Lechleiter sagt. Er hat mit seiner Bürgerinitiative über viele Monate für eine bessere Ortsdurchfahrt in seiner Heimat gekämpft. Mit der Einführung der Maut für die B45, die direkt an Rödermark vorbeiführt, fürchtet er Schlimmes: „Mit der Maut wird der Verkehr auch bei uns zunehmen.“
Babenhausen hofft nach wie vor auf den Ausbau der B26 und eine Südumgehung des Ortes. Bislang aber ohne Erfolg. Das Land Hessen hat bereits abgewunken. Ausgebaut wird nicht, das ist zu teuer. Das Straßen- und Verkehrsmanagement „Hessen Mobil“, im Bundesland für den Verkehr verantwortlich, versucht, die Kommunen zu besänftigen: Es gebe bislang keine Hochrechnungen, ob und wenn ja wie sich der Verkehrsfluss durch die Maut verlagern könnte. „Aber wir führen Zählungen auch auf den Ausweichstrecken durch“, sagt Sprecherin Simone Reus. „Und dann lässt sich mehr sagen.“