Interview: Fast 80 Prozent der Skifahrer tragen Helm

München (dpa) - Fast 80 Prozent der Skifahrer tragen nach Schätzungen des Deutschen Skiverbandes (DSV) inzwischen einen Helm. „Die Entwicklung in den letzten Jahren ist rasant“, sagte der DSV-Sicherheitsexperte Andreas König am Montag der Nachrichtenagentur dpa in München.

Als Ausgangspunkt für die Entwicklung sieht er den „Althaus-Effekt“. Der frühere thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus hatte am Neujahrstag 2009 einen schweren Skiunfall, bei dem eine Frau starb. Der Unfall von Formel-1-Legende Michael Schumacher zeige, dass es auch mit Helm keine absolute Sicherheit gebe - vor allem nicht abseits der Piste.

Frage: Michael Schumacher soll beim Skifahren abseits der Pisten verunglückt sein. Wie viel größer ist dort die Unfallgefahr?

Antwort: Natürlich ist abseits der gesicherten Piste die Gefahr größer als auf der Piste. Das ist ganz klar. Die Verkehrssicherungspflicht des Pistenbetreibers gilt eben nur auf der Piste. Die ist deutlich gekennzeichnet durch Stangen und Präparierungen. Wenn man abseits der Piste fährt, ist man seines Glückes eigener Schmied. Begibt man sich tiefer ins Gelände, kommen auch noch die Lawinengefahr dazu, steile Pisten und steile Abhänge. Im Falle Michael Schumachers, der ja offenbar nur wenige Meter neben der Piste unterwegs war, scheint es ein sehr heftiger Sturz gewesen zu sein, der auf der Piste aber genau so hätte passieren können. Nur einen Felsen hätte es dort nicht gegeben.

Frage: Wie viele Skifahrer sind abseits der Pisten unterwegs?

Antwort: Zahlen haben wir da nicht, aber man ist schon immer gerne abseits der Pisten gefahren, weil da einfach der schöne Tiefschnee ist. Die Piste ist präpariert, aber was das Skifahren oft ausmacht, ist das Fahren, das Surfen im Tiefschnee. Das ist nun mal richtig, richtig schön. Das hat es immer schon gegeben und für viele Skifahrer macht das eben den großen Reiz aus. Darum wird auch immer abseits der Pisten gefahren werden.

Frage: Die Ärzte sagen, Michael Schumacher hätte es ohne Helm vermutlich nicht ins Krankenhaus geschafft. Schwere Kopfverletzungen hat der Helm aber nicht verhindern können - warum?

Antwort: Die Skihelme entsprechen alle der Norm EN 1077. Da gibt es zwei Klassifizierungen - A und B. Der A-Helm ist von den Sicherheitsansprüchen her etwas besser als der B-Helm, weil die Schutzschale bis über das Ohr hinunterreicht, der B-Helm ist dafür etwas komfortabler. Beide Helme halten aber eine sehr hohe Stoßbelastung aus bei einem Sturz und beide schützen vor spitzen Gegenständen. Was aber passieren kann, ist, dass das Gehirn bei einem sehr heftigen Sturz an die Schädeldecke stößt. Da kann dann leider auch der beste Helm nicht 100-prozentig schützen. Das ist vergleichbar mit Airbags und Sicherheitsgurten in Autos. Auch die können nicht verhindern, dass es den ein oder anderen schweren Unfall gibt.

Frage: Wie viele Skifahrer tragen inzwischen einen Helm?

Antwort: Das sind zwischen 70 und 80 Prozent. Das hat sich sehr rasant entwickelt in den letzten Jahren. Seit dem Unfall des Herrn (Dieter) Althaus ist das Sicherheitsbewusstsein ein sehr großes geworden. Die Leute fahren mit Helm. Und auch vonseiten der Industrie hat sich viel getan. Das Produkt ist salonfähiger geworden, sieht besser aus und inzwischen gehört der Helm zur Skiausrüstung dazu.

Frage: Bei Unfällen jenseits der Piste ist natürlich der Pistenbetreiber nicht mehr zuständig. Zahlt da eine Versicherung?

Antwort: Am besten ist es, wenn man eine Skiversicherung hat. Ich rate jedem Skifahrer, sich so etwas zuzulegen. Die kostet 30 Euro im Jahr und die greift immer. Sobald der Hubschrauber ins Spiel kommt, wird es besonders teuer und das zahlt unter Umständen die Krankenkasse nicht. Da braucht man einfach eine Versicherung, die die Bergung beinhaltet. Die ganze Versorgung im Krankenhaus übernimmt dann wieder die Krankenversicherung. Aber wichtig ist es ja erstmal, dort überhaupt hinzukommen.