Joachim Löw: „Im Finale ist alles möglich“
Madrid (dpa) - Fußball-Bundestrainer Joachim Löw erlebte den Halbfinalerfolg der Münchner gegen Real Madrid als Tribünengast im Bernabéu-Stadion in Madrid mit.
Was sagen Sie zu diesem Bayern-Erfolg gegen Real Madrid?
Löw: „Es war ein außergewöhnliches Spiel mit hoher Intensität. Es war alles drin in dem Spiel, was man sich wünschen kann - bis zum finalen Schuss von Schweinsteiger. Es war ein tolles Erlebnis.“
Konnte man damit rechnen, dass die Bayern in der Champions League so weit kommen?
Löw: „Damit konnte man schon rechnen, denn die Bayern gehören zu den Besten in Europa. Das haben sie eindrucksvoll unter Beweis gestellt.“
Wie haben Sie Manuel Neuer gesehen?
Löw: „Überragend gut. Seine Ausstrahlung im Tor, gerade auch beim Elfmeterschießen. Da hat man das Gefühl gehabt, das Tor ist völlig klein, so groß hat er sich gemacht. Gerade der erste Elfmeter von Ronaldo war super gehalten. Der war ganz gut geschossen, den muss man erst einmal halten.“
Und Bastian Schweinsteiger dürfte der Schuss ins Finale auch sehr gut tun nach den schweren Monaten mit seinen zwei Verletzungen?
Löw: „Ja. Er hat sich unheimlich ins Spiel reingebissen. Im Laufe des Spiels hatte ich das Gefühl, er befreit sich. Er hat durchgehalten bis zum Schluss. Das macht einen Bastian Schweinsteiger schon aus. In solchen Momenten hat er Nerven wie Drahtseile.“
Zwei Ihrer Nationalspieler müssen auch trauern. Was sagen Sie zur Leistung von Mesut Özil und Sami Khedira bei Real?
Löw: „Auch Özil und Khedira haben ein großes Spiel gemacht, haben einen großen Fight geliefert. Wenn man im Elfmeterschießen im eigenen Stadion das Finale verpasst, kann ich nachvollziehen, was in Özil oder Khedira vor sich geht. Sie sind natürlich maßlos enttäuscht. Sie haben auch viel gearbeitet. Die Bayern sind jetzt die Glücklicheren.“
Was glauben Sie, fahren die Spanier nach dem K.o. von Barcelona und Real jetzt eher enttäuscht oder noch heißer zur Europameisterschaft?
Löw: „Jeder hat gesehen, dass auf so einem Niveau alles passieren kann. Das sind fast gleichstarke Mannschaften. Und was die Spanier betrifft: Da sollte doch jetzt niemand denken, dass Barcelona in den nächsten Jahren nicht in der Spitze sein wird. Sie sind gegen Chelsea nicht weitergekommen, aber nach wie ist Barcelona eine Riesenmannschaft. Wenn Messi den Elfmeter gegen Chelsea reinmacht, gewinnt Barcelona klar. Die Spanier waren jetzt zweimal unglücklicher. Das bringt uns und den Bayern Selbstbewusstsein.“
Wie sehen sie die Finalchancen der Bayern gegen den FC Chelsea?
Löw: „Ich denke, das Finale ist offen. Man sollte jetzt nicht den Fehler machen und sagen, die Bayern sind klarer Favorit. Im Finale ist alles möglich. Chelsea hat auch Barcelona ausgeschaltet. Die sind auch gefährlich. Sie wittern die Chance, nach vielen Jahren die Champions League zu gewinnen. Auch da werden Nuancen entscheiden. Chelsea hat nicht den tollsten Fußball gespielt gegen Barcelona, aber sie haben gezeigt, dass sie auch mit zehn Mann verteidigen können.“
Badstuber, Alaba und Gustavo sind bei Bayern nach Gelben Karten ausgerechnet im Finale gesperrt. Wie bewerten Sie das?
Löw: „Ich finde die Gelbe-Karten-Regelung negativ. Sie haben keine bösen Fouls gemacht. Da sind normale Zweikämpfe geführt worden, die mit Gelben Karten bestraft wurden. Auf beiden Seiten fehlen sieben von den besten Spielern in einem Finale - das kann ja nicht im Sinne des Fußballs sein. Diese Regelung ist einfach blödsinnig.“
Am 11. Mai starten Sie mit der Nationalmannschaft in die Vorbereitung auf die EM. Die Bayern-Spieler werden Ihnen jetzt bis nach dem Finale am 19. Mai fehlen. Was bedeutet das für Sie?
Löw: „Jetzt müssen wir über den Plan B nachdenken. Die Spieler werden fast zwei Wochen fehlen. Wir werden das in den nächsten Tagen in Ruhe besprechen, wie wir das machen. Die Bayern kommen später, das wissen wir. Holger Badstuber könnten wir nach seiner Sperre früher kriegen, das ist gut für uns. Bei den anderen muss man sehen. Aber heute sprechen wir nicht über Sorgen. Da gibt es keine.“