Juncker geht - „Monsieur Euro“ sucht Nachfolger
Brüssel (dpa) - Jean-Claude Juncker (57) mag nicht länger Vorsitzender der Eurogruppe sein.
Der Luxemburger Regierungschef - der offiziell auch das Amt eines Schatzministers bekleidet, um im Kreise der 17 Eurogruppen-Finanzminister unter seinesgleichen sein zu dürfen - will Mitte dieses Jahres den Vorsitz an einen anderen Kollegen übergeben. Nun wird ein anderer Spitzenmann für den Euro gesucht. Und weil das nicht einfach wird, wurde Juncker beauftragt, nach einem geeigneten Kandidaten Ausschau zu halten.
„Es ist einfach ein echtes Zeitproblem“, sagt Juncker. Die Schuldenkrise habe gezeigt, dass die Eurogruppe einen hauptamtlichen Vorsitzenden brauche. Schon mehrfach hatte Juncker geklagt, der Vorsitz der Eurogruppe sei „nicht vergnügungssteuerpflichtig“. Seit Anfang 2005, als erstmals ein ständiger Vorsitzender der Eurogruppe bestimmt wurde, war Juncker das „Gesicht“ der gemeinsamen Währung. Ein „Monsieur Euro“, der - mittlerweile dienstältester Regierungschef in der Europäischen Union - stets um und für die Währung kämpfte, zu deren Gründervätern er gehörte.
Mittlerweile gibt es sogar zwei Euro-Gremien. Eines auf Ebene der Regierungschefs, zu deren Vorsitzendem am Donnerstag der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy bestimmt wurde. Ein vor allem politisches Gremium. Daneben die Eurogruppe der Finanzminister, deren Treffen in Brüssel voller technischer Details und Finessen stecken. Hier wird am Kleingedruckten gearbeitet, weswegen die Treffen dieser Gruppe nur selten vor Mitternacht enden.
Standvermögen und Detailkenntnis brachte Juncker, der gelernte Jurist und jahrelang praktizierende Finanzminister, in dieses Gremium ein. Als schneller und geistreicher Denker und als in vier Sprachen gleichermaßen spitzzüngiger Redner wurde Juncker zur beherrschenden Figur der Währungsdebatten in der Europäischen Union. Das brachte ihm oft Konflikte ein - vor allem mit französischen Präsidenten, aber auch mit deutschen Regierungschefs und Kanzlerin Angela Merkel. Nicolas Sarkozy verhinderte seine Wahl zum EU-Ratspräsidenten, auf den Präsidentenposten der EU-Kommission hatte er schon früher verzichtet.
Der Luxemburger sieht sich als Christsozialen mit einer besonderen Betonung auf dem Sozialen und als Kämpfer dafür, dass in der Europäischen Union auch die kleinen Staaten mit Respekt behandelt werden. Vor allem ist er zutiefst davon überzeugt, dass die Europäische Union das größte und wichtigste politische Friedensprojekt ist. Frieden, so sein Credo aus der Perspektive eines kleinen Landes mit einschlägigen Erfahrungen, sei keine Selbstverständlichkeit. Und, so sagt er, wie Europa heute ohne den Euro aussähe, das möge er sich gar nicht vorstellen.