Kandidatin mit Kratzern im polierten Image

New York (dpa) - Als Hillary Clinton ein paar Tage vor ihrer Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten von Reportern nach ihren besonderen Fähigkeiten gefragt wurde, kam eine etwas überraschende Antwort aus einem Mund.

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„Wenn man als Frau in die Politik geht, braucht man eine Haut, so dick wie bei einem Rhinozeros.“ Jenes habe sie sich zugelegt. Und sie braucht es auch. Clinton ist ein politisches Urgestein in den USA. Und als solches steht sie seit Jahrzehnten im Kreuzfeuer der kritischen medialen Aufmerksamkeit und inzwischen auch in der Schusslinie des politischen Gegners. Sie will Geschichte schreiben und als erste Frau das Amt des US-Präsidenten übernehmen. Auf dieses Ziel hat sie in den vergangenen Jahren akribisch hingearbeitet, ihm fast alles untergeordnet.

Schon in den 1970er Jahren während der Watergate-Affäre um Präsident Richard Nixon als junge Juristin in die politischen Kreise Washingtons eingeführt, wurde die Politik zu ihrem Lebensinhalt. Zunächst als First Lady an der Seite von Gouverneur Bill Clinton in Arkansas, später in gleicher Funktion im Weißen Haus. Es folgte die Wahl in den US-Senat für den Bundesstaat New York und der Posten als Außenministerin in der ersten Amtszeit von Präsident Barack Obama - der ihr 2008 in ihrem ersten Anlauf zum Präsidentenamt eine ebenso empfindliche wie unerwartete Niederlage beigebracht hatte.

Vieles hat über die Jahre an Hillary Clinton gekratzt. Nicht zuletzt die Affären ihres Mannes Bill, der unter anderem wegen einer Liaison mit seiner Praktikantin Monica Lewinsky in die Schlagzeilen geraten war. Die Gerüchteküche ist bis heute nicht völlig erkaltet, welche Rolle Hillary bei der Affäre selbst und bei dem Versuch ihrer Vertuschung gespielt haben mag.

Nach außen gibt Clinton die perfekte Ehefrau und Mutter, Scharen von Spin-Doktoren polieren ihr Image: Fromm und arbeitsam, spendenfreudig, für gute Zwecke und stets der positiven Fortentwicklung der amerikanischen Gesellschaft verschrieben. Wertebewusst und fortschrittlich zugleich, im richtigen Moment aber auch hart und entschlossen in der Sache.“

„Sie zog ihre Tochter Chelsea in perfekter Weise groß“, lobte noch auf dem Parteitag in Philadelphia eine die es wissen muss: Michelle Obama, wie einst Clinton heute First Lady und Mutter mit der Last des Weißen Hauses. Chelsea Clinton, inzwischen selbst Mutter geworden, gilt derzeit als einer der größten Unterstützerinnen Hillarys.

Dennoch: Warm werden die Amerikaner mit der kühl-intellektuellen Jura-Professorin nicht. 68 Prozent hielten sie in einer Umfrage des Senders CNN zuletzt für nicht glaubwürdig. Viele Amerikaner werfen Hillary vor, Teil des „Systems Clinton“ zu sein, nahe am großen Geld, die Politik nur als Mittel zum Mehren von Macht und Kapital auffassend.

Bei Mitstreitern gilt sie als ein wenig arrogant, ehemalige Mitarbeiter aus dem Außenministerium beschreiben sie als herrisch, in ihrem Arbeitseifer und Perfektionsdrang manchmal auch als ungerecht und beratungsresistent.

In ihrem Umfeld tauchen auffallend oft Frauen auf, etwa ihre enge Vertraute Huma Abedin. „Ich habe nur eine Tochter. Wenn ich eine zweite hätte, wäre das Huma“, sagte Clinton einst über die enge Begleiterin. Abedin spielte eine wichtige Rolle in Clintons Zeit im Außenministerin und ist auch im Management ihres Wahlkampfes eingespannt.

Clinton wurde in Chicago geboren. An der Elite-Universität Yale traf sie 1971 ihren späteren Ehemann Bill. Einige Beobachter sind überzeugt, dass er es ohne sie nie ins ranghöchste Amt der USA geschafft hätte. Durch ihre acht Jahre als First Lady (1993-2001) kennt sie das Weiße Haus bestens - einige behaupten, sie sei schon damals die heimliche Präsidentin gewesen und habe gekonnt die Fäden in der Pennsylvania Avenue gezogen.

Aber wegen ihres Krisenmanagements der Attacke auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi mit vier Toten wurde sie harsch kritisiert. Die Affäre um ihre E-Mails, die sie von einem ungesicherten Privatserver verschickt hatte, nagt noch immer an der Staatsfrau Clinton. Der bisweilen provokante Filmemacher Michael Moore listete jüngst Hillary Clinton als einen von fünf Gründen auf, warum Donald Trump es schaffen könnte, Präsident der USA zu werden. „Lasst uns ehrlich sein: Unser größtes Problem ist nicht Trump, es ist Hillary. Sie ist extrem unpopulär.“