Keine Einigung mit „Geierfonds“: Argentinien vor der Pleite
New York (dpa) - Argentinien ist erneut pleite. Voraus ging ein jahrelanger erbitterter Streit mit US-Investoren um die Rückzahlung argentinischer Altschulden. Wirtschaftsminister Axel Kicillof erklärte die Verhandlungen in der Nacht auf Donnerstag für gescheitert.
In New York sagte er: „Die Geierfonds haben unser Angebot nicht akzeptiert.“ Damit ist Südamerikas zweitgrößte Volkswirtschaft formal zahlungsunfähig - obwohl die Staatskasse eigentlich gut gefüllt ist.
Der Streit zwischen Argentinien und den Hedgefonds NML Capital und Aurelius dreht sich um die Rückzahlung alter Anleiheschulden, die noch aus der Staatspleite von 2001 stammen. Insgesamt geht es um 1,5 Milliarden Dollar. Hedgefonds sind relativ schwach regulierte Finanzfirmen, die Wertpapiere - wie eben auch Staatsanleihen - in großem Stil handeln und dabei gezielt auf starke Wertveränderungen setzen - oder auf hohe Rückzahlungsansprüche.
In dem seit fünf Jahren tobenden Zwist gibt es nun nur Verlierer: Die Investoren gehen leer aus. Argentiniens ohnehin schon ramponierter Ruf an den Finanzmärkten leidet weiter. Deutsche Sparer müssen nach Einschätzung von Experten nicht beunruhigt sein. Solange Argentinien die Forderungen über 1,5 Milliarden Dollar nicht bezahlt hat, darf es laut einem US-Richterspruch auch andere Anleihen nicht bedienen. Deshalb kann Buenos Aires Gläubiger nicht bezahlen, obwohl es das gerne würde und das Geld dafür auch vorhanden wäre.
„Unglücklicherweise konnte keine Einigung erzielt werden, und die Republik Argentinien steht vor dem Zahlungsausfall“, erklärte der gerichtlich bestellte Schlichter in dem Streit, Daniel Pollack, nach mehrstündigen Gesprächen in New York.
Die Ratingagentur Standard & Poor's wartete das Scheitern der Verhandlungen gar nicht erst ab - sie senkte die Kreditwürdigkeit Argentiniens schon vor Ende des Treffens mit den Hedgefonds auf „teilweisen Zahlungsausfall“. Die anderen beiden großen Ratingagenturen Fitch und Moody's dürften dem Schritt folgen.
Minister Kicillof versuchte die Argentinier zu beruhigen: „Morgen wird ein anderer Tag sein, und die Welt geht weiter.“ Schlichter Pollack warnte indes davor, die Folgen der Pleite zu verharmlosen. Der Zahlungsausfall sei „ein ziemlich reales und schmerzvolles Ereignis, das (...) Menschen wehtun wird“.
Die Hedgefonds NML und Aurelius waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Eine Last-Minute-Lösung, bei der argentinische Privatbanken die strittigen Anleihen übernommen hätten, soll von den Fonds abgelehnt worden sein. Die Kurse argentinischer Staatsanleihen sanken am Donnerstag deutlich.
„Die Pleite wird der argentinischen Wirtschaft schaden“, sagte Ökonom Christian Schulz von der Berenberg Bank. Das Land ist im letzten Quartal ohnehin schon in die Rezession gerutscht und kämpft mit chronisch hoher Inflation.
Deutsche Sparer müssen sich kaum Sorgen machen. Anders als Argentinien hätten die Länder der Eurozone nach den Verwerfungen durch den griechischen Schuldenschnitt ihre Lektion gelernt, so Schulz. Sie setzten nun bei Krisenfällen auf Reformen, statt Gläubiger zum Forderungsverzicht zu drängen. Griechenland hatte in der Eurokrise eine massive Umschuldung vorgenommen, danach war das Vertrauen der Anleger drastisch gesunken.
Privatinvestoren, die argentinische Anleihen halten, rät die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW, die Ruhe zu bewahren. „Wer jetzt verkauft, muss das Kapitel endgültig mit deutlichen Verlusten abschließen“, erklärte DSW-Geschäftsführer Thomas Hechtfischer. Dass Argentinien offenbar nicht bereit sei, sich von Hedgefonds erpressen zu lassen, begrüße die DSW.