Koalition will in ruhigeres Fahrwasser kommen
Berlin (dpa) - Mit dem Wechsel an der Parteispitze der FDP will die schwarz-gelbe Koalition in ein ruhigeres Fahrwasser kommen. Das versicherten sich führende Vertreter von Union und FDP mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Koalitionsausschuss am Dienstagabend in Berlin.
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle nahm daran noch als Vizekanzler teil. Im Mai - nach seiner Wahl zum neuen FDP-Chef - wird Gesundheitsminister Philipp Rösler diese Rolle übernehmen.
Aus seiner Sicht ist die Koalition wegen der Turbulenzen in seiner Partei nicht beschädigt. „Es ist ein Anfang innerhalb der FDP, ein Neuanfang“, sagte Rösler am Dienstagabend in der ARD-Sendung „Farbe bekennen“. Er fügte hinzu: „Das ist eine stabile Koalition, CDU/CSU und FDP.“ Die heftig kritisierte FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger will ihr Amt bis zum Ende der Legislaturperiode behalten.
Rösler rief die künftige FDP-Führungsmannschaft auf, für einen Erfolg bei den drei in diesem Jahr noch anstehenden Landtagswahlen in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin zu kämpfen. „Das kann man nicht beschwören in Talkrunden, sondern dafür muss man hart arbeiten. Aber genau das haben wir uns ja vorgenommen.“ Wie das FDP-Präsidium künftig aussehen soll, ließ er weiter offen.
In Umfragen erlebt die Koalition einen dramatischen Absturz. Nach dem „Stern-RTL“-Wahltrend vom Mittwoch liegen FDP und Union 18 Punkte hinter Grün-Rot. In der Forsa-Umfrage kamen die Grünen nach der haushoch gewonnenen Baden-Württemberg-Wahl mit einem Plus von 7 Punkten auf 28 Prozent. Die SPD fiel um zwei auf 23 Prozent. Die Union sank um drei auf 30 Prozent. Die FDP verlor zwei Punkte auf 3 Prozent. Damit käme sie nicht einmal mehr in den Bundestag. Die Linke stieg um einen Punkt auf 9 Prozent.
Die FDP hält auch unter Rösler als Parteichef an der Forderung nach Steuersenkungen vor 2013 fest. Auf Zeitpunkt und Umfang wollte sich FDP-Generalsekretär Christian Lindner allerdings nicht festlegen. „Dass es da noch eine Bewegung geben wird, dessen bin ich mir sicher.“
Union und FDP vereinbarten, den Wechsel in der Führung der Liberalen zur Überprüfung eigener Positionen vor allem in der Atompolitik zu nutzen. Die FDP wird ihre Position dazu beim Parteitag Mitte Mai festlegen. FDP-NRW-Landeschef Daniel Bahr verteidigte das uneingeschränkte Festhalten an der FDP-Ministerriege. „Auch eine kleine Lösung kann eine sehr gute Lösung sein“, sagte er im ZDF.
Aus der Partei war vielfach gefordert worden, dass auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und Fraktionschefin Homburger zurücktreten sollten, um eine umfassende Erneuerung der Partei zu ermöglichen. Beide erhielten aber ausdrücklich das Vertrauen der Spitzengremien von Partei und Fraktion, die am Dienstag die Kandidatur Röslers für die Westerwelle-Nachfolge begrüßten.
Homburger kündigte an, bei der nächsten Wahl der Fraktionsspitze Ende Oktober erneut anzutreten. Offen ließ sie am Dienstag, ob sie sich beim Parteitag wieder für das Präsidium bewirbt. Nach ihren Vorstellung soll sich an der Zusammensetzung der FDP-Ministerriege im Bundeskabinett bis zur nächsten Wahl nichts mehr ändern. Zur Frage nach Westerwelles Zukunft im Auswärtigen Amt sagte sie: „Das ist für mich entschieden bis zum Ende der Legislaturperiode.“ Dies gelte auch für Brüderles Verbleib im Wirtschaftsministerium.
Auch nach der Klärung der Führungsfrage rumort es in der FDP weiter. So sprach sich Kubicki für eine neue Führung der Bundestagsfraktion aus. Dem „Hamburger Abendblatt“ sagte er, er hoffe „weiterhin, dass es auch Veränderungen an der Spitze der Bundestagsfraktion geben wird“ Homburger bezeichnete dies als „Nachtreten“ und „grobes Foul“. Der Generalsekretär der Saar-FDP, Rüdiger Linsler, empfahl seiner Partei auszuloten, „ob man seine Inhalte eventuell besser in einer sozial-liberalen oder einer Ampel-Koalition“ umsetzen könne.