La-Ola für Obama - Erst am Brandenburger Tor jubelt Berlin

Berlin (dpa) - Zum krönenden Abschluss wurden Estragonpüree und Königsberger Klopse gereicht. Beim Gala-Dinner in Berlins Schloss Charlottenburg bekam US-Präsident Barack Obama am Mittwochabend eine Kostprobe des Charmes eher bodenständiger deutscher Küche.

Schon unter der prallen Sonne am Brandenburger hatten sich Obama und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geherzt - in der Preußenresidenz bekam der Arbeitsbesuch noch etwas mehr Glanz. Bereits vor dem Sterne-Menü wurden weitere Herzlichkeiten von „Barack“ und „Angela“ aufgetragen. Obama grüßte eingangs seiner Rede auf Deutsch: „Guten Abend“.

Zu sehen bekamen die etwa tausend Zaungäste am Schloss nur wenig - Absperrungen und Polizisten wie bei den anderen Stationen. So verpassten sie wohl auch Merkels eher nüchternes Outfit in hellem Blazer zu sandfarbener, etwas wallend geschnittener Hose. Im Kontrast dazu trug First Lady Michelle Obama ein elegantes, schwarz-silbernes, knielanges Kleid.

Der erste Jubel an diesem straffen Besuchstag war erst aufgekommen, als sich Obama vor dem Brandenburger Tor das Sakko auszog. Stundenlang hatten mehrere Tausend Zuhörer bei brütender Hitze ausgeharrt. „Wir können ein wenig informell sein unter Freunden“, rief der US-Präsident. Um die Wartezeit zu verkürzen, hatten einige Ungeduldige eine Welle im La-Ola-Stil inszeniert. Dann trat der Gast aus Washington endlich vor die Mikrofone.

Viel Raum für Gefühle hatte das Programm bis dahin nicht gelassen. Rund um das Brandenburger Tor hatten Polizei und die eingeflogenen Einsatzkräfte vom Secret Service einen Hochsicherheitsring gezogen. Auf den Gebäuden rund um das Tor standen Scharfschützen. Keiner kam ohne Einladung durch - bis auf Claudia Roth, die ihre vergessen hatte. Sogar die Eltern, die ihre Sprösslinge zum Bundestagskindergarten bringen wollten, musste sich ausweisen. Autofahrer kurvten über lange Umwege durch das Zentrum.

Noch 2008 hatten vor der Siegessäule rund 200 000 Menschen dem damaligen Präsidentschaftskandidaten zugejubelt. Fünf Jahre später und ein wenig weiter östlich, trat nun Obama als Staatschef am Berliner Wahrzeichen vor ausgesuchten Gästen auf - und wieder gingen die Bilder um die Welt.

Immer wieder beschwor Obama den Berliner Geist der Freiheit, erinnerte an den DDR-Aufstand des 17. Juni 1953 und die Sehnsucht nach Selbstbestimmung. Der Präsident schlug den Bogen zu Mauerfall und Wiedervereinigung. Vielen Berlinern sprach er aus dem Herzen. Die Schüler der deutsch-amerikanischen Kennedy-Schule, die sich intensiv auf den Besuch vorbereitet hatten, klatschten immer als erste.

Auch Merkel und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verwiesen in seltener Einigkeit auf Geschichtliches. Sie ließen den „Rosinenbomber“-Piloten Gail Halvorsen hochleben, der sich von seinem Stuhl erhob. Er hoffe, sagte Obama später über den Veteranen, mit 92 Jahren auch noch so agil zu sein.

Vor dem Platz waren die Meinungen über die Rede eher gemischt. An den Ü-Wagen der TV-Sender versammelten sich Neugierige. „Das war nicht so begeisternd wie 2008“, sagte die Berlinerin Bärbel Freudenberg (59).

Am Morgen wirkten das Regierungsviertel und der Tiergarten verlassen. Das große „Hello“ fiel aus: Die Fahrten in der gepanzerten „Bestie“, der schwarzen Präsidentenlimousine, oder die Gedenkstätten-Tour von Michelle Obama mit den Töchtern Malia und Sasha spielten sich fast ohne Zuschauer ab. Die Straße des 17. Juni war leer gefegt. Nur Polizisten waren entlang der Strecken aufgereiht.

Zwischen den Stelen des Holocaust-Mahnmals wirkten die First Lady in ärmellosem Schwarz-Weiß und die Töchter etwas verloren. Über dem Mahnmal lag eine fast unwirkliche Stille, unterbrochen nur von Vogelgezwitscher und Hubschrauberkrach. Erst an der zweiten Station der Geschichtstour im riesigen Mauerpanorama des Künstlers Yadegar Asisi am Checkpoint Charlie gab es Applaus von der Straße. Auch die Gedenkstätte Berliner Mauer war abgeriegelt. Dort absolvierten die Obama-Töchter brav die Geschichtsstunde in praller Sonne zusammen mit „Mom“ Michelle und Merkels Ehemann Joachim Sauer.

Die Hitze von mehr als 40 Grad machte auch den Polizisten in voller Montur zu schaffen. Immer wieder nahmen sie verstohlen ihre Mützen ab, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Und trotzdem: „Es ist etwas ganz Besonderes, schließlich sichern wir hier den am meisten gefährdeten Mann der Welt“, sagte einer von ihnen.