Leipziger Ebola-Patient ist tot
Leipzig/Genf (dpa) - Erstmals ist in Deutschland ein Mensch an Ebola gestorben. Der 56 Jahre alte UN-Mitarbeiter erlag in der Nacht zum Dienstag auf der Isolierstation des Leipziger Klinikums St. Georg seiner Krankheit.
„Trotz der intensiven medizinischen Betreuung und den höchsten Anstrengungen der Ärzte und Pfleger konnte der Tod nicht verhindert werden“, teilte die Klinik mit.
Eine erschreckende Prognose veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO): Sie erwartet bis Dezember pro Woche zwischen 5000 und 10 000 neue Ebola-Fälle in Westafrika.
Der Patient hatte sich bereits bei seiner Ankunft in Leipzig in einem sehr kritischen Zustand befunden. Aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht könnten keine näheren Angaben zu den Todesumständen gemacht werden, teilte das Krankenhaus mit. Die Spezialisten dort hatten fünf Tage lang um das Leben des Sudanesen gekämpft.
Die Leiche des Mannes sollte so schnell wie möglich verbrannt werden. Der Verstorbene war Muslim. „Das macht es nicht leichter, weil der Islam eine Feuerbestattung nicht vorsieht“, sagte ein Stadtsprecher. Allerdings gehe in diesem Extremfall die Sicherheit vor.
Der UN-Mitarbeiter war der dritte Ebola-Patient, der nach Deutschland gebracht wurde. Ein Patient aus Uganda, der sich in Sierra Leone angesteckt hat, wird in Frankfurt/Main versorgt. Über seinen Zustand gab es keine neuen Informationen. Ein weiterer Patient war nach fünf Wochen Behandlung geheilt aus einer Hamburger Klinik entlassen worden.
In Afrika breitet sich Ebola weiter aus. Inzwischen seien der WHO mehr als 8900 Erkrankte gemeldet worden, sagte der Vize-Generaldirektor der Behörde, Bruce Aylward, in Genf. Mehr als 4400 Menschen seien gestorben, vor allem in Guinea, Liberia und Sierra Leone. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.
Derzeit gebe es pro Woche etwa 1000 neue Ebola-Fälle, sagte Aylward. Die Sterblichkeit liege bei 70 Prozent. Die WHO sei vor allem darüber besorgt, dass sich die Krankheit in den drei westafrikanischen Ländern geografisch ausbreite. Zudem sei die Situation in den drei Hauptstädten Freetown, Monrovia und Conakry extrem angespannt.
Die WHO strebt an, den Trend bei den Erkrankungen in Westafrika ab Dezember umzukehren. Die Ziele sind im sogenannten 70-70-60-Plan formuliert: Regierungen und Hilfsorganisationen sollen in den kommenden 60 Tagen mit Ausbildung, Behandlung und Logistik soweit fortgeschritten sein, dass 70 Prozent der Toten sicher begraben und 70 Prozent der Verdachtsfälle strikt isoliert werden können.
An Europas größtem Flughafen Heathrow begannen Ebola-Kontrollen. Passagiere, die mit indirekten Flugverbindungen aus Westafrika in Großbritannien landeten, mussten Fragen zu ihren Reisedaten und Kontakten beantworten. Außerdem wurde die Temperatur von Ankömmlingen aus Liberia, Guinea und Sierra Leone gemessen. In der nächsten Woche wollen die Behörden das Screening auf Passagiere am Flughafen Gatwick und auf Reisende ausweiten, die mit dem Eurostar aus Frankreich kommen. Die Wirksamkeit solcher Maßnahmen ist unter Experten umstritten.
US-Präsident Barack Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderten von der internationalen Gemeinschaft mehr Anstrengungen bei der Bekämpfung der Epidemie. Der Kampf sei an einem entscheidenden Punkt, stimmten beide nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat am Montagabend überein. Die Weltgemeinschaft müsse ihre Zusagen zur Bewältigung der Krise verdoppeln.
Wie sich eine Krankenschwester bei einem Ebola-Patienten in den USA trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen anstecken konnte, war weiter unklar. Sie hatte sich in Dallas im US-Staat Texas um einen Mann gekümmert, der die Krankheit aus Afrika in die Vereinigten Staaten gebracht hatte und vergangenen Mittwoch starb. Nach einem Bericht des Senders CNN soll die junge Frau inzwischen zur Behandlung eine Bluttransfusion von einem Ebola-Überlebenden erhalten haben.
Die deutsche Wirtschaft hat sich komplett aus den von Ebola betroffenen Ländern zurückgezogen. Kein deutsches Unternehmen sei mehr in Liberia, Guinea oder Sierra Leone aktiv, alle Infrastrukturprojekte auf Eis gelegt, sagte der Vorsitzende des Afrika-Vereins der Deutschen Wirtschaft, Stefan Liebing, in Berlin. Vor dem Ausbruch der Krankheit hatte sich rund ein Dutzend deutscher Firmen vor allem mit Vorhaben aus der Energiebranche dort engagiert.