Luftwaffe bedingt einsatzbereit - aber gegen IS reicht es

Berlin (dpa) - Es ist eine ungewohnte Rolle, in der sich Frank-Walter Steinmeier im Bundestag wiederfindet. Der Job des Außenministers ist es eigentlich, Konflikte diplomatisch zu lösen, auch wenn die Verhandlungen zuweilen zäh verlaufen und ein Rückschlag auf den anderen folgt.

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Nun steht er vor den Abgeordneten und wirbt für die Teilnahme Deutschlands an Luftangriffen in Syrien und im Irak.

Von Krieg redet er allerdings nicht. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass es Krieg nur zwischen zwei Staaten gibt, und die Terrororganisation Islamischer Staat sei kein Staat. Allerdings gibt es auch Bürgerkriege, in denen Aufständische gegen einen Staat kämpfen - so wie in Syrien. Außerdem sprechen die Soldaten und ein großer Teil der Bevölkerung von Krieg, wenn Bomben über Städten abgeworfen werden.

Aber Steinmeier bleibt dabei. Er redet im Bundestag über „militärische Mittel“ und eine „militärische Auseinandersetzung“, ohne die man im Kampf gegen den IS nicht mehr auskomme. Sein stärkster Satz: „Abschottung, Lichter aus, Rollläden runter, wenn Terroristen durch die Straßen ziehen (...), das kann nicht unsere Logik sein.“

Deutschland hat eine Teilnahme am Luftkrieg gegen den IS lange Zeit ausgeschlossen und gehofft, mit der Ausbildung und Ausrüstung kurdischer Kämpfer im Irak davonkommen zu können. Nach der Terrorserie von Paris und der Bitte des EU-Partners Frankreich um Beistand hat die Bundesregierung nun aber kaum eine andere Wahl.

Jetzt soll alles ganz schnell gehen, obwohl viele Fragen noch offen sind. Ist der Einsatz vom Grundgesetz gedeckt? Ist er militärisch sinnvoll? Und ist das schon das Ende der Fahnenstange? Oder könnte da noch mehr verlangt werden? Findet sich die Bundeswehr am Ende in einem Krieg am Boden wieder wie in Afghanistan?

Am Mittwoch kam noch eine weitere Frage hinzu: Ist die Truppe überhaupt gut genug ausgerüstet für den Einsatz? Unmittelbar vor der Plenardebatte stellten die Inspekteure der Teilstreitkräfte dem Verteidigungsausschuss einen 81 Seiten langen Bericht zur Einsatzbereitschaft der 50 wichtigsten Waffensysteme vor. Das Ergebnis: Ausgerechnet bei der Luftwaffe, die den größten Teil des deutschen Beitrags zum Anti-Terror-Einsatz stemmen muss, sieht es düster aus - auch bei den zur Aufklärung des Einsatzgebiets vorgesehenen „Tornados“.

Von den 66 verfügbaren Jets sind nur 29 einsatzbereit. Das sind noch weniger als vor einem Jahr, als ein erster Mängelbericht der Inspekteure der Bundeswehr viel Hohn und Spott einbrachte. Die „Tornados“ sind zwischen 23 und 34 Jahre alt und gelten als Auslaufmodelle. Beim Nachfolger „Eurofighter“ und den Transporthubschraubern und -flugzeugen der Luftwaffe sieht es aber kaum besser aus.

Für den Syrien-Einsatz reicht es trotzdem. Wenn der Bundestag zustimmt, sollen schon nächste Woche die ersten „Tornados“ in die Türkei fliegen. 6 werden gebraucht, 29 hat die Bundeswehr, das passt also.

Allerdings wirft der Bericht wieder einmal ein Schlaglicht auf den Zustand der Truppe und zeigt ihr Grenzen auf. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kämpft deswegen auch für eine Erhöhung des Wehretats und hat dabei angesichts zunehmender Krisen auch schon erste Erfolge erzielt.

Wahrscheinlich wird der Bundestag am Freitag über den Einsatz entscheiden - wenn es nicht noch zu einer Verschiebung kommt. Den Grünen gehen die Beratungen zu schnell bei einer so folgenschweren Entscheidung. In ihrer 60-jährigen Geschichte hat die Bundeswehr erst zweimal an offensiven Militäreinsätzen teilgenommen - im Kosovo und in Afghanistan.

Als vor 14 Jahren die ersten Soldaten nach Afghanistan geschickt wurden, ahnte aber noch niemand, dass aus einem „Stabilisierungseinsatz“ ein Krieg werden würde. Steinmeier war damals als Kanzleramtschef an der Entscheidung beteiligt.

Am Mittwoch kehrte der SPD-Politiker vor der Bundestagssitzung von einem Nato-Außenministertreffen in Brüssel zurück, bei dem der Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan zunächst einmal gestoppt wurde - ein Eingeständnis, dass sich die Sicherheitslage doch nicht so positiv entwickelt hat wie erhofft.

In 14 Jahren konnte das Engagement ausländischer Truppen den Krieg in Afghanistan nicht beenden. Dass auch die Syrien-Krise und der Terror des IS nicht alleine mit militärischen Mittel zu lösen sind, betont Steinmeier immer wieder. „Der politische Prozess steht für uns im Vordergrund, das militärische Handeln wird eingebettet sein und bleiben in diesen politischen Prozess“, sagt er am Ende seiner Rede. Deswegen werbe er um Zustimmung zu der Mission. „Und ich werbe mit dem Versprechen, dass wir unsere ganze Kraft der am Ende notwendigen politischen Lösung widmen werden.“