Opferzahl dürfte noch steigen Mehr als 230 Tote nach Schlammkatastrophe in Kolumbien
Mocoa (dpa) - Schlammlawinen und Überschwemmungen haben in der südkolumbianischen Stadt Mocoa mehr als 230 Menschen getötet. Heftiger Regen ließ drei Flüsse in der Anden-Stadt zu reißenden Strömen anwachsen - über Berghänge schossen Wasser- und Schlammmassen in die Stadt hinein.
17 der 40 Wohnviertel wurden beschädigt, Häuser mitgerissen oder unter Geröllmassen begraben.
Wie der Chef der nationalen Katastrophenschutzbehörde Kolumbiens, Carlos Iván Márquez, am Sonntag mitteilte, wurden zunächst 238 Leichen geborgen. Über 200 Menschen wurden verletzt. Es wurde mit steigenden Opferzahlen gerechnet.
Am Sonntag zeugten die riesigen in der Stadt liegenden Steinbrocken von der Zerstörungskraft, mehrere tausend Helfer suchten in den Trümmern nach Überlebenden. Die Menschen wurden in der Nacht zum Samstag gegen 23 Uhr von dem Unwetter überrascht. Erst zuletzt wurden bei Überschwemmungen in Peru rund 100 Menschen getötet - aber dort hatte es nicht ein solches katastrophales Einzelereignis gegeben.
Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos sagte eine Kuba-Reise ab, reiste nach Mocoa und rief den Katastrophenfall aus - er beorderte viele Soldaten zur Nothilfe in das Gebiet. „Diese Tragödie lässt alle Kolumbianer trauern“, betonte er.
Nach dem ersten Besuch am Samstag reiste er Sonntag mit mehreren Ministern erneut nach Mocoa - Priorität habe die Wiederherstellung von Straßen, Strom- und Wasserversorgung.
Mocoa liegt in der Nähe der Grenze zu Ecuador, rund 630 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Bogotá. „Ein großer Teil der Bevölkerung ist von der Lawine quasi mitgerissen worden. Viele Häuser sind praktisch ausradiert worden“, sagte Bürgermeister José Antonio Castro. „Mein Haus wurde auch zerstört, der Schlamm steht bis an die Decke“, berichtete der Bürgermeister.
Die Flüsse Mocoa, Mulato und Sancoyaco hatten sich in der Nacht zu reißenden Strömen entwickelt, die alles mitrissen, hinzu kamen mehrere Erdrutsche. In der Stadt, die 40 000 Einwohner hat, brach auch die Strom- und Wasserversorgung zusammen. Rund 2500 Helfer waren im Einsatz. Als ein Grund für die Dynamik der Katastrophe sahen Fachleute auch das Roden vieler Bäume an den Berghängen.
Der Direktor der nationalen Katastrophenschutzbehörde, Carlos Iván Márquez, sagte, es habe ein Zusammentreffen mehrerer Ereignisse durch das Unwetter gegeben. Viele Menschen harrten wegen der Wassermassen auf Dächern aus, um gerettet zu werden. Die Gouverneurin des Departements Putumayo, Sorrel Aroca sprach von einer Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes. Papst Franziskus erklärte, er sei zutiefst betroffen über die Tragödie. Er bete für die Opfer und fühle mit den Angehörigen und den Rettern. Er reist im September nach Kolumbien.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Opfern in Kolumbien ihr Mitgefühl aus. Die Kanzlerin sei bestürzt von den Bildern und dem unermesslichen Leid der Menschen vor Ort, hieß es. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte. „Mit mir sind heute viele Deutsche in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer und bei den Frauen und Männern, die sich noch in Gefahr befinden und auf Rettung hoffen.“
In Kolumbien ereignete sich vor 31 Jahren auch die weltweit bisher schlimmste Katastrophe durch eine Schlammlawine. Nach dem Ausbruch des Vulkans Nevado del Ruiz brachte die Lava die Eiskappe des 5390 Meter hohen Vulkans zum Schmelzen und löste damit im November 1985 eine Schlamm- und Gerölllawine aus, die die Stadt Armero auslöschte, 25 000 Menschen starben. Heute ist der Ort ein riesiger Friedhof.