Mehrheit hält Asylbewerberzahl für zu hoch

Berlin (dpa) - Vor dem Hintergrund sinkender Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung stellen Bundestag und Bundesrat die Weichen für eine Verschärfung des Asylrechts. Während im Parlament eine breite Zustimmung als sicher gilt, wächst in den Reihen der Länder die Zahl skeptischer Stimmen.

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In der Union wird die Debatte über den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingskrise heftiger.

Das Asylpaket, das zunächst am Donnerstag im Parlament zur Abstimmung steht, umfasst unter anderem die Einstufung von Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsländer, die verstärkte Umstellung auf Sachleistungen für Asylbewerber, die Einschränkung von Leistungen für abgelehnte Bewerber - aber auch mehr Integrationskurse für Asylbewerber mit guten Aussichten auf ein Bleiberecht. Die Unionsfraktion hatte das Paket nach lebhafter Diskussion einstimmig gebilligt, unter den SPD-Abgeordneten gab es vier Enthaltungen.

Bereits am Freitag sollen die Änderungen den Bundesrat passieren. Das rot-rot-grün regierte Thüringen und das rot-grün geführte Bremen kündigten bereits ihre Enthaltung an. Auch die Zustimmung Niedersachsens ist noch unsicher. Sowohl in den Reihen der SPD als auch bei den Grünen gebe es Kritik an nachträglich im Paket verankerten Punkten wie der Verzicht auf Terminankündigungen bei Abschiebungen, teilte Innenminister Boris Pistorius (SPD) mit.

56 Prozent der Bundesbürger halten die Asylbewerberzahlen inzwischen für zu hoch, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut YouGov ergab. Mitte September waren es nur 46 Prozent der Befragten. Nur noch 19 Prozent sehen Deutschland in der Lage, weitere Asylsuchende aufzunehmen (vorher 28 Prozent). Die Einschätzung Merkels, die mit Blick auf die hohe Zahl der Flüchtlinge gesagt hatte „Wir schaffen das“, teilen 32 Prozent der Bundesbürger (43 Prozent im September).

In der Union gibt es Kritik prominenter CDU- und CSU-Mitglieder an Merkels Leitsatz „Wir schaffen das“ - am Mittwoch folgte aber auch die Verteidigung der Regierungschefin durch namhafte CDU-Politiker. Nach einem „Bild“-Bericht unterzeichneten den in der vergangenen Woche bekanntgewordenen Brandbrief an Merkel inzwischen 126 CDU-Funktions- oder Mandatsträger.

Hauptforderung ist ein Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus sicheren Drittstaaten. Rund 120 Politiker, darunter CDU-Vorstandsmitglieder, unterzeichneten inzwischen allerdings einen Brief unter dem Motto „Wir schaffen das!“.

Nach einer Umfrage fallen CDU und CSU in der Wählergunst auf den tiefsten Stand seit der Bundestagswahl 2013. Würde am Sonntag gewählt, käme die Union im neuen INSA-Meinungstrend auf 38 Prozent (2013: 41,5 Prozent), berichtete die „Bild“-Zeitung. Die SPD liegt bei 24,5 Prozent (2013: 25,7 Prozent). AfD und FDP würden im Gegensatz zu 2013 die Fünf-Prozent-Hürde überspringen.

Die herbstliche Kälte macht in Zelten campierenden Flüchtlingen zu schaffen. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) rechnet nicht mehr damit, dass alle Flüchtlinge während des Winters in festen Unterkünften unterkommen. Jeder wisse, dass es wie überall in Deutschland auch in Hamburg Zelte geben werde. Er hoffe jedoch, dass diese zumindest sämtlich winterfest seien. „Unser oberstes Ziel ist derzeit die Vermeidung von Obdachlosigkeit.“

SPD-Chef Sigmar Gabriel bekräftigte seine Ablehnung der von der Union geforderten Transitzonen. Eine Prüfung der Bleibeperspektive in einer solchen Zone setze voraus, dass ein Flüchtling formal in Haft genommen werde. „Und das werden wir ganz sicher nicht machen“, sagte Gabriel. Derzeit kämen täglich wieder zwischen 6000 und 7000 Menschen. Diese würden dann - sollte es Transitzonen geben - in riesigen Einrichtungen mindestens 48 Stunden formal in Haft genommen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und die Deutsche Polizeigewerkschaft verlangten „wirksamere Sicherheitsmaßnahmen und ein besserer Schutz“ von Flüchtlingseinrichtungen. Um ihnen das Einleben in Deutschland zu erleichtern, sollen künftig auch schon Asylbewerber kostenlos an Integrationskursen teilnehmen können, teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit.