Merkel-Nein zu Pkw-Maut: Streit mit Seehofer spitzt sich zu

Berlin (dpa) - Nach dem strikten Nein von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) spitzt sich der Streit mit der CSU über eine Pkw-Maut für ausländische Autofahrer zu.

„Ich fahre aus Berlin nicht zurück, ohne dass wir eine Vereinbarung treffen, dass diejenigen, bei denen wir bezahlen, auch bei uns bezahlen“, sagte Seehofer am Montag - drei Wochen vor der Bundestagswahl - bei einem Wahlkampfauftritt in der Nähe von München.

Zuvor hatten Spitzenpolitiker von CDU und CSU versucht, eine Eskalation des Streits zu vermeiden. Merkel hatte im TV-Duell mit ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück deutlich wie seit längerem nicht gesagt: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.“

Die Spitzen von CDU und SPD werteten den Ausgang des Fernsehwettstreits vom Sonntagabend erwartungsgemäß jeweils als Rückenwind für die Endphase des Wahlkampfes.

Seehofer hatte beim Gillamoos-Volksfest im bayerischen Abensberg nach dem Nein Merkels zur Pkw-Maut erneut eine solche Zwangsabgabe für ausländische Autofahrer gefordert. Er vermied es aber zunächst, dies öffentlich zur Bedingung für seine Zustimmung zu einem neuen Koalitionsvertrag zu machen. Zugleich bemühte sich der bayerische Ministerpräsident, den Dissens mit Merkel kleinzureden. Er habe mit der Kanzlerin nach dem TV-Duell schon gesprochen: „Wir arbeiten sehr gut zusammen, und so wird's bei der Maut auch laufen.“

Erst bei einem späteren Wahlkampfauftritt pochte Seehofer dann darauf, er werde nur einen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem die Einführung der Pkw-Maut für ausländische Autofahrer stehe. Für deutsche Autofahrer solle sie mit der Kfz-Steuer abgegolten sein.

Merkel sieht hier europarechtliche Probleme. In den vergangenen Wochen hatte sie eine klare Festlegung zur Pkw-Maut nach Einschätzung aus Koalitionskreisen auch deshalb vermieden, um Seehofer bei seinem Lieblings-Wahlkampfthema nicht in die Parade zu fahren.

Nachdem sich Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) am Wochenende der Seehofer-Forderung angeschlossen hatte, musste CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nach einer Vorstandssitzung seiner Partei interne Differenzen einräumen. Nördliche CDU-Verbände lehnten die Pkw-Maut eher ab als weiter südlich gelegene. Dies hänge mit der Nähe zu Mautländern wie Italien oder Frankreich zusammen, ließ er durchblicken. In der entscheidenden Frage sei man sich aber einig: „Wir wollen keine höhere Belastung für Deutschlands Autofahrer.“

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in der rbb-Sendung „Thadeusz“ über die Mautdebatte: „Glauben Sie, dass daran eine gemeinsame Regierung von CDU/CSU scheitert? Man muss da ein bisschen abrüsten.“

FDP-Chef Philipp Rösler erklärte, am Nein der FDP zu einer Pkw-Maut habe sich nichts geändert. „Die Union scheint sich da zwischen den Schwesterparteien noch in einer Findungsphase zu befinden“, sagte er. FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle sagte im ZDF-„Morgenmagazin“: „Der deutsche Autofahrer ist schon die Melkkuh der Nation. Da noch draufzusatteln, das ist nicht realistisch.“

SPD-Chef Sigmar Gabriel wertete die Einschaltquote beim TV-Duell mit mehr als 17,6 Millionen Zuschauern als gutes Signal für eine hohe Beteiligung bei der Bundestagswahl am 22. September. Steinbrück habe Klartext gesprochen. „Angela Merkel hat versucht, den berühmten Merkel-Nebel über ihre Argumente zu legen, wenn sie welche hatte.“ CDU-Generalsekretär Gröhe sah die Kanzlerin als Siegerin: „Sie konnte mit einem Dreiklang aus Kompetenz, sympathischen Auftreten und Glaubwürdigkeit punkten.“

Morgen werden Merkel und Steinbrück bei der vermutlich letzten Bundestagssitzung in dieser Wahlperiode erneut aufeinandertreffen. In einer allgemeinen Debatte zur Lage der Bundesrepublik wollen beide das Wort ergreifen.

Am Montagabend stand ein TV-Dreikampf der Spitzenkandidaten der kleineren Parteien auf dem Programm. Neben FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle waren dessen Amtskollegen von den Grünen und der Linkspartei eingeladen, Jürgen Trittin und Gregor Gysi. Die Grünen kündigten an, im Fall einer Regierungsbeteiligung ein eigenes Ministerium für die Energiewende zu schaffen. Linke-Vorsitzende Katja Kipping hielt Merkel eine verheerende Bilanz ihrer achtjährigen Amtszeit vor.