Zwist der Schwesterparteien Merkel und Seehofer: Verhältnis war lange angespannt
München (dpa) - Gemeinsam haben CDU und CSU Angela Merkel nun offiziell zur Kanzlerkandidatin erklärt. So harmonisch war es zwischen den Schwesterparteien lange nicht.
Vor allem wegen der Flüchtlingspolitik war das Verhältnis zwischen Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer lange angespannt. Ein Rückblick:
31. August 2015: „Wir schaffen das“, sagt Merkel über die Bewältigung der Flüchtlingszahlen. Kurz darauf lässt sie die Grenzen offen, als
Schutzsuchende massenweise von Ungarn über Österreich nach
Deutschland einreisen. Seehofer nennt das einen Fehler.
9. Oktober: Der CSU-Chef droht Merkel mit einer Verfassungsklage,
falls der Bund den Flüchtlingszuzug nicht eindämmen sollte. Rund zwei
Monate später legt er das Vorhaben zu den Akten, nachdem sich ein
CDU-Parteitag für eine deutliche Reduzierung der Zahlen aussprach.
20. November: Auf dem CSU-Parteitag in München brüskiert Seehofer die
Kanzlerin auf offener Bühne. Er kritisiert sie fast eine
Viertelstunde lang, während sie neben ihm steht.
3. Januar 2016: Seehofer nennt erstmals eine konkrete Obergrenze:
„maximal 200 000“ Flüchtlinge pro Jahr. Merkel ist strikt dagegen.
21. Januar: Wegen seiner „tiefen Enttäuschung“ bezeichnet Seehofer im
Sender N-TV das Vertrauensverhältnis zu Merkel als „angeknackst“.
22. Januar: Merkel sagt auf dem CDU-Neujahrsempfang in Greifswald,
dass die Zahl der Flüchtlinge „spürbar reduziert“ werden müsse.
10. Februar: Seehofer nennt die Grenzöffnung für Flüchtlinge im
Herbst 2015 „eine Herrschaft des Unrechts“.
Ende Februar: Ob seine Partei Merkel wieder als Kanzlerkandidatin
unterstützen werde? „Nächste Frage“, sagt Seehofer dem „Spiegel“.
25. Juni: Bei einer Unionsklausur in Potsdam bemühen sich Merkel und
Seehofer um Einigkeit. Sie kündigen sechs CDU/CSU-Kongresse zu
gesellschaftlichen Themen für die kommenden Wochen an. Bereits zuvor
hatte Seehofer wieder „ein Fundament des Vertrauens“ erkannt.
Mitte September: Merkel sagt der „Wirtschaftswoche“, sie wolle ihren
Wir-schaffen-das-Satz „am liebsten kaum noch wiederholen“.
19. September: Nach dem CDU-Wahldesaster in Berlin gibt Merkel in
Sachen Flüchtlingspolitik zu, „dass wir eine Zeit lang nicht
ausreichend Kontrolle hatten“. Seehofer begrüßt diese Stellungnahme.
24. Oktober: Seehofer sagt, dass er keine CSU-Spitzenkandidatur zur
Bundestagswahl anstrebt - schließt sie aber auch nicht völlig aus.
5. November: Merkel nimmt erstmals nicht an einem CSU-Parteitag teil.
Ein Antrag, dass die CSU keine weitere Amtszeit Merkels unterstützen
solle, fällt bei den Delegierten allerdings durch.
20. November: Merkel kündigt ihre vierte Kanzlerkandidatur an.
24. November: Der CSU-Chef macht eine Begrenzung der Zuwanderung zur
Bedingung für eine erneute Regierungsbeteiligung. Später präzisiert
er, dass er ohne Obergrenze lieber in die Opposition gehen würde.
5. Dezember: Ein CDU-Parteitag spricht sich gegen die doppelte
Staatsbürgerschaft aus. Merkel will den Beschluss nicht umsetzen.
Doch Seehofer ist zufrieden mit der „Gesamtentwicklung“ der CDU.
30. Januar 2017: Der CSU-Vorstand gibt einstimmig grünes Licht,
Merkel auch zur eigenen Kanzlerkandidatin auszurufen.
6. Februar: In einer Sitzung beider Parteipräsidien erklärt Seehofer offiziell die Unterstützung der CSU für Merkel.