Modetipps für Bärtige: Wie der IS im Internet entzaubert wird
Kairo (dpa) - „Acht Gründe, warum Oberlippenbärte out sind“, verspricht das Heft auf seiner Titelseite. Außerdem: „Warum Khaki-Farben zurück sind“ und jede Menge weitere „Fashion-Tipps für das Kalifat“.
Das Magazin mit all diesen militärischen Schönheitsratgebern heißt „Jihadi Vogue“ und existiert in Wirklichkeit natürlich nicht. Unbekannte haben das Cover - es zeigt drei verträumt schauende Dschihadisten mit Vollbärten und Tarnfleck - selbst gestaltet und im Internet hochgeladen. Seitdem wird es immer wieder auf Twitter verbreitet - und trägt so zum Spott über die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bei.
Witze über die Dschihadisten zu machen, ist im arabischsprachigen Raum zu einem kleinen Trend geworden. Mit dem plötzlichen Aufstieg der Miliz an die Spitze des globalen Dschihad und der raschen Einnahme großer Teile des Irak vom Juni diesen Jahres an reagierte die Weltöffentlichkeit zunächst ohnmächtig. Nun hat sich nicht nur eine breite Anti-IS-Koalition mit der USA an der Spitze gebildet, sondern auch eine Reihe sogenannter Memes, mit denen die Terror-Kämpfer verhöhnt werden.
Memes sind Internetphänomene, die, einmal kreiert, ewig in sozialen Netzwerken Wellen schlagen. Die „Jihadi Vogue“ ist nur ein Meme von vielen. So gibt es ein Bild, das den IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi als Werbeträger einer Markenuhr zeigt. „Bagdadis Wahl“ steht als Slogan neben einem manipulierten Foto, das den Terrorfürsten im feinen Anzug an einer Hotelbar zeigt.
Das Bild ist ein Seitenhieb auf Al-Bagdadis ersten - und bislang einzigen - öffentlichen Auftritt während einer Freitagspredigt in der Großen Moschee von Mossul Anfang Juli. Der IS-Anführer hatte sich kurz zuvor zum „Kalifen“ von Syrien und vom Irak ausgerufen, also als Nachfolger des Propheten Mohammed mit Führungsanspruch für alle Muslime. Bei seiner Predigt gegen den Westen glitzerte jedoch eine schwere silberne Uhr an seinem Handgelenk.
Neben Bildern werden auf Twitter vor allem markige Sprüche gegen die IS-Miliz gesammelt. Unter dem Hashtag #AskIslamicState werden Fragen an die Terroristen gesammelt. So will ein Nutzer wissen, welcher Rotwein besser zu Schweinebraten passt. Ein anderer fragt religionsbezogener, was den Terroristen Gott tatsächlich bedeutet, wenn sie sich doch den Koran selbst zurechtbiegen.
Die Witzesammlung erreicht die IS-Miliz auf den gleichen Kanälen, auf denen sie selbst versucht, ihre Propagandavideos zu verbreiten. Doch während die Terrorvideos auf Twitter und Facebook oft binnen Minuten wieder gelöscht werden, bleiben die Witze bestehen. Waren die Späße im Juli und August noch ein feiner Zeitvertreib junger netzaffiner Nutzer, beteiligt sich mittlerweile auch eine größere arabische Öffentlichkeit an den Veralberungen.
Eine libanesische Band kreiert Musikvideos über Abu Bakr al-Bagdadi. Unter anderem danken sie dem IS-Chef in einer Liedzeile, dass es viel weniger Staus gebe, dank all der Menschen, die er in die Luft jagt. Das ägyptische Fatwa-Amt, eine der höchsten religiösen Institutionen des Landes, hat eine Online-Kampagne gestartet, die den Namen „Islamischer Staat“ in „Al-Kaida-Anhängsel“ umbenennt. Der Anspruch, islamisch zu sein, solle so aus dem Namen der Miliz verschwinden.
Und ein palästinensischer Fernsehsender hat in einem besonders schwarzhumorigen Video Szenen einer IS-Straßensperre nachgestellt. Im Irak und in Syrien nutzt die Terrormiliz solche Sperren, um Wegzölle einzunehmen und angebliche Abtrünnige zu töten. Im Video hingegen streiten sich drei Dschihadisten, wer die „Bonuspunkte im Jenseits“ für die Ermordung eines vorbeikommenden Christen einheimsen darf. Als der Christ vor Schreck einen Herzinfarkt bekommt, versuchen sich die Terroristen an unbeholfenen Wiederbelebungsmaßnahmen - um ihn doch noch erschießen zu können.