Porträt Myanmars Nobelpreis-Ikone verliert ihren Ruf
Naypyidaw (dpa) - Ihr Name stand auf einer Stufe mit Mahatma Gandhi, mit Nelson Mandela, mit Martin Luther King. Als Friedensnobelpreisträgerin von 1991 war Aung San Suu Kyi die Ikone einer ganzen Generation.
Zumal sie es schließlich sogar schaffte, der Militärjunta in ihrem Heimatland Myanmar (früher: Birma) mit friedlichem Widerstand zumindest einen Teil der Macht zu entwinden.
Jetzt allerdings ist vom guten Ruf der „Lady“, wie die Frau mit dem aufrechten Gang und dem perfekten Oxford-Englisch auch genannt wird, nicht mehr viel übrig. Wegen der brutalen Behandlung von Muslimen durch die Militärs, mit denen zusammen sie heute regiert, steht die 72-Jährige in der internationalen Kritik wie noch nie.
Als „Staatsrätin“ führt Aung San Suu Kyi praktisch seit vergangenem Jahr die Regierungsgeschäfte. Lebte sie in einer Demokratie, wäre sie wahrscheinlich auch Präsidentin. In Myanmar ist ihr das höchste Staatsamt jedoch verwehrt, weil ihr Mann Ausländer war - nämlich Brite - und auch die Kinder britische Pässe haben.
Geboren wurde Suu Kyi 1945 in Rangun, der damaligen Hauptstadt von Britisch-Birma. Ihre Eltern waren der Nationalheld Aung San, ein Vorkämpfer für die Unabhängigkeit, der 1947 ermordet wurde, und Ma Khin Kyi, später eine der ersten Botschafterinnen ihres Landes. Viele Jahre verbrachte sie im Ausland, in Indien, Japan und den USA, aber vor allem in Oxford. Erst 1988, als ihre Mutter im Sterben lag, kehrte sie nach Myanmar zurück.
Wegen ihrer Kritik an der herrschenden Militärs stand sie als Generalsekretärin der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) dann insgesamt fast 15 Jahre unter Hausarrest. Den Nobelpreis konnte sie nicht persönlich entgegennehmen. Ihren krebskranken Mann, der mit den Söhnen in Oxford geblieben war, sah sie vor seinem Tod nie wieder - so groß war die Furcht, die Militärs würden ihr die Rückkehr in die Heimat verweigern.
Erst im November 2010, als sich das isolierte Land langsam wieder öffnete, wurde sie aus dem Hausarrest entlassen. Seither war die NLD bei allen Wahlen klare Siegerin, bis hin zur absoluten Mehrheit. Eigens für Suu Kyi wurde der Titel der „Staatsrätin“ geschaffen. Zudem ist sie Außenministerin. Die Militärs haben allerdings bis heute einige der wichtigsten Regierungsposten für sich behalten.
So arbeitet Aung San Suu Kyi heute mit den Generälen unter Führung von Oberbefehlshaber General Min Aung Hlaing zusammen. Zum Leid der vielen Hunderttausend Muslime gab es von ihr bislang noch kein mitfühlendes Wort. Immer wieder kommen nun auch Forderungen, ihr den Friedensnobelpreis zu entziehen. Das Nobelpreiskomitee hat jedoch klargestellt, dass das unmöglich ist.