Hintergrund Neukölln - zwischen Szenekiez und organisierter Kriminalität

Berlin (dpa) - Neukölln ist einer von zwölf Berliner Großbezirken. Er liegt im Süden der Hauptstadt und hat etwa 330 000 Einwohner - so viel wie eine mittelgroße Stadt.

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Wenn vom Szenebezirk oder Problemkiez Neukölln die Rede ist, geht es aber nur um den nördlichen gleichnamigen Stadtteil, der nur ein Teil des Bezirks ist und an Kreuzberg grenzt. Nord-Neukölln war bis vor wenigen Jahren eine heruntergekommene und billige Gegend mit hohem Ausländeranteil und vielen Arbeitslosen. Inwischen entdeckten Studenten und Touristen den Stadtteil. Wie früher in Kreuzberg öffneten zahlreiche Kneipen, junge Leute zogen zu, die Mieten der Altbauwohnungen stiegen rapide.

In bestimmten Ecken Neuköllns ist die Verbrechensrate überdurchschnittlich hoch. Hinter der organisierten Kriminalität stecken besonders einige kurdisch-libanesische Großfamilien. „An der Spitze der Berliner Unterwelt stehen (...) unangefochten die arabischen Großclans“, klagte Heinz Buschkowsky (SPD), der frühere Neuköllner Bezirksbürgermeister. „Sie bestimmen die Regeln und setzen sie brutalst und wenn es sein muss auch mit Waffengewalt durch.“ Buschkowsky sprach von sieben arabischen Clans in Neukölln mit eigenen Netzwerken, die untereinander Revierkämpfe führten.

Geld verdienen die Gangs vor allem mit Rauschgiftschmuggel und - handel. Dazu kommen Zuhälterei, Geldwäsche, Gewaltkriminalität und Schleusung. Aber auch spektakuläre Überfälle wie vor einigen Jahren auf ein prominent besetztes Pokerturnier oder auf das Luxuskaufhaus KaDeWe gehen auf das Konto von Clanmitgliedern.

Konflikte lösen die Clans mit selbst ernannten Friedensrichtern statt über den Rechtsstaat. Familienmitglieder und Zeugen werden eingeschüchtert, bis sie nicht mehr aussagen. Kommt es nach langen Ermittlungen der Polizei doch zu Prozessen, haben die Angeklagten oft teure Anwälte - obwohl sie weder Arbeit haben noch Geld verdienen.