Fragen und Antworten Nordkorea sieht im Atomstreit ein Kräftemessen mit den USA
Seoul (dpa) - Für Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un ist es ein Kräftemessen mit den USA. Wer wird im Streit um sein Atomprogramm als Erster nachgeben? Zur Rhetorik des international isolierten Staates gehört, immer wieder zu erklären, für einen Atomkrieg gewappnet zu sein und die Supermacht besiegen zu können.
Den ersten Test einer Interkontinentalrakete (ICBM) durch sein Land am Dienstag bezeichnete Kim kurzerhand als Einleitung zur entscheidenden Phase in dem Konflikt.
Die Hwasong-14 genannte Rakete könnte einen großen Atomsprengkopf bis in die USA tragen, wurde Kim von den Staatsmedien zitiert. Die Behauptung wird von Experten angezweifelt, doch hat Pjöngjang mit dem Test eine Art rote Linie überschritten. Die USA befürchten, Nordkorea könne es bei weiteren technischen Fortschritten gelingen, eines Tages atomwaffenfähige ICBM aufzustellen, die das gesamte US-Territorium erreichen können. Südkorea befürchtet, dass der Spielraum für Verhandlungen immer kleiner wird, je näher Nordkorea seinem Ziel kommt, seine Raketentechnik zu perfektionieren. Zugleich wächst die Drohkulisse der USA, deren Präsident Donald Trump mehrfach mit Alleingängen in dem Konflikt gedroht hatte.
Welche Ziele verfolgt Kim?
Kim schließt Verhandlungen über die Atomwaffen des Landes aus. Als sein Markenzeichen gilt, dass er den Aufbau einer Atomstreitmacht mit der wirtschaftlichen Entwicklung verbinden will. Das wird von Südkorea als realitätsfern kritisiert. Doch militärisch betrachtet sich Nordkorea mit Atomwaffen als unangreifbar. Politisch gelten sie als Überlebensgarantie für die Regierung, die sich einer ständigen Bedrohung von außen, speziell durch die USA, ausgesetzt sieht.
Was bedeutet der ICBM-Test für Nordkorea?
Das Land arbeitet mit Hochdruck an der Entwicklung von Raketen, die einen Atomsprengkopf bis in die USA befördern können. „Nordkoreas jüngster Raketentest stellt einen bedeutenden Schritt bei der Entwicklung der Raketenkapazitäten dar“, schreiben die Sicherheitsexperten von IHS Defense Weekly. Allerdings ist oft bei Nordkorea schwierig zu sagen, was Rhetorik, was Wirklichkeit ist. Das gilt auch für die Behauptung, mit der Rakete könnten Ziele überall in der Welt erreicht werden. Nach erster Einschätzung des US-Experten David Wright liegt die Reichweite der Rakete bei 6700 Kilometern, Südkoreas Verteidigungsminister Han Min Koo spricht von 7000 bis 8000 Kilometern. Das sei genug, Alaska zu erreichen, aber nicht die Kernstaaten der USA, schreibt Wright. Han zweifelte auch die Behauptung Nordkoreas an, dass das Land bereits die Technik vollständig beherrsche, durch die eine ballistische Rakete nach dem Start ohne Schaden wieder in die Erdatmosphäre eintritt.
Wer hat Einfluss auf Nordkorea?
Die USA schließen eine militärische Option im Konflikt mit Nordkorea nicht aus, setzen aber bisher auch auf China. Der politische Einfluss Pekings auf den traditionellen Verbündeten Pjöngjang wird jedoch als gering angesehen. Allerdings entfallen bis zu 90 Prozent des Außenhandels Nordkoreas auf China. Nach dem ICBM-Test kritisierte Trump, dass der Handel zwischen China und Nordkorea im ersten Quartal um fast 40 Prozent gewachsen sei. „So viel dazu, dass China mit uns zusammenarbeitet - aber wir mussten es auf einen Versuch ankommen lassen!“, schrieb Trump auf Twitter.
Wie könnte eine Lösung in dem Konflikt aussehen?
Keine der betroffenen Parteien erwartet eine schnelle Lösung. Einig sind sich die USA, China und Russland darin, dass der Atomstreit mit Nordkorea ein großes Sicherheitsrisiko für die gesamte Region birgt. Nach dem ICBM-Test schlugen Peking und Moskau deshalb vor, dass Pjöngjang seine Waffentests einstellen solle. Im Gegenzug sollten die USA und Südkorea auf gemeinsame Großmanöver verzichten. Damit würde der Konflikt nicht beigelegt, aber zunächst entschärft. Südkoreas Präsident Moon Jae In strebt einen Lösungsweg in Phasen an, an dessen Ende der Abbau des nordkoreanischen Atomprogramms stehen soll. Nach einem Treffen mit Trump in der vergangenen Woche in Washington sagte er, dass beide Länder sowohl Sanktionen und Dialog im Umgang mit Nordkorea verfolgen wollten.