Weihnachtsmarkt Offene Fragen zum Terroranschlag in Berlin

Berlin (dpa) - Es ist der erste Terroranschlag dieser Dimension in Deutschland: Der 24-jährige Tunesier Anis Amri rast kurz vor Weihnachten mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche.

12 Menschen sterben, mehr als 50 werden verletzt. Vier Wochen danach ist der Täter zwar tot, doch viele Fragen bleiben offen.

Hatte Amri KOMPLIZEN und MITWISSER?

Die Ermittler wissen noch nicht, an wen Amri direkt vor dem Attentat aus dem Fahrerhaus des Lkw eine Sprachnachricht und ein Foto schickte. Ein Bekannter von ihm wird am 3. Januar in Berlin vorläufig festgenommen - wegen Leistungsbetrugs. Der Verdacht, er könne in die Tat eingebunden gewesen sein oder zumindest von ihr gewusst haben, erhärtet sich nicht genug für einen Haftbefehl. Schon 2015 stand der Mann im Verdacht, sich Sprengstoff für einen Anschlag beschafft zu haben. Dafür gab es dann aber keine Beweise. Auch in Italien wird nach einem Helfer-Netzwerk gesucht, da man davon ausgeht, dass Amri nicht ohne Grund nach Mailand reiste.

Wie gelang Amri DIE FLUCHT?

Nach dem Anschlag posierte er am Berliner Bahnhof Zoo vor einer Überwachungskamera. Die nächsten Bilder von ihm gibt es zwei Tage später in Nimwegen in den Niederlanden. Was dazwischen geschah, ist nicht genau bekannt. Laut Bundesanwaltschaft könnte er über Nordrhein-Westfalen gereist sein. Von dort soll Berichten zufolge am Tag nach der Tat auch sein Facebook-Profil gelöscht worden sein. Von Nimwegen fuhr Amri mit dem Zug über Belgien und Frankreich nach Mailand, wo er bei einer Poliezeikontrolle erschossen wurde.

Wie kam Amri an den LASTWAGEN?

Ob Amri den Lastwagen zufällig auswählte, ist nicht endgültig geklärt. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der Tunesier Vorkenntnisse zur Bedienung des Lkw hatte. Es gibt die Theorie, er könne schon in Italien Kontakt zu dem später in Berlin getöteten polnischen Fahrer gehabt haben. Erkenntnisse dazu gebe es bisher aber nicht, heißt es bei der Bundesanwaltschaft. Der Fahrer hatte am 19. Dezember Stahlteile aus Italien nach Berlin gebracht, wo Amri den Lastwagen kaperte.

Wie kam Amri an SEINE WAFFE?

Weil die Herstellerfirma „Erma“ Ende der 90er Jahre Insolvenz angemeldet hat, ist der Weg der Pistole nun schwer nachzuvollziehen. Nach ZDF-Informationen könnte Amri sich die Waffe in der Schweiz besorgt haben, wo es in einigen Städten eine rege Islamistenszene gebe. Bestätigt ist das nicht.

Wie konnte Amri aus der Behörden-Überwachung UNTERTAUCHEN?

Amri wurde bis zum 21. September in Berlin überwacht. Laut Berliner Generalstaatsanwaltschaft konnte er etwa zum Ende dieser Zeit „nicht mehr festgestellt werden“. Der Verfassungsschutz nahm ihn am 2. und 3. Oktober beim Betreten der als radikal geltenden Fussilet-Moschee in Moabit auf. Das fiel den Ermittlern allerdings erst jetzt auf, weil die Aufnahmen zuvor nicht vollständig ausgewertet wurden. Nach Informationen der dpa aus Sicherheitskreisen warnte der marokkanische Geheimdienst im September und Oktober vor Anschlagsplänen Amris. NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ zitierten aus einem Personenprofil nordrhein-westfälischer Sicherheitsbehörden, das am 14. Dezember aktualisiert worden sei. Darin würden zwei Berliner Adressen angegeben, an denen sich Amri „zurzeit“ aufhalte.