Papandreou weist Rücktrittsüberlegungen zurück
Athen (dpa) - Machtpoker in Griechenland trotz drohender Staatspleite: Der sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat für diesen Donnerstag eine Regierungsumbildung angekündigt. Am Sonntag wolle er im Parlament die Vertrauensfrage stellen, berichtete das staatliche Fernsehen.
Spekulationen über einen Rücktritt zugunsten einer Regierung der nationalen Einheit wies Papandreou am Mittwoch zurück. Der Linke- und Gewerkschaftsflügel seiner Partei fordern ein Ende des radikalen Sparens. Streiks legten am Mittwoch das öffentliche Leben des Landes lahm. In Athen lieferten sich Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei.
„Eine große historische Chance ist verpasst worden“, kritisierte der Chef der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras. Papandreou habe sein Angebot zurückzutreten zurückgenommen, sagte der Oppositionschef im Fernsehen.
Möglicherweise braucht Griechenland ein neues Hilfspaket im Wert von bis zu 120 Milliarden Euro. Europäische Union und Internationaler Währungsfonds (IWF) fordern weitere einschneidende Sparmaßnahmen von Athen. Voraussetzung für neue Hilfen sei, dass die sozialistische Regierung auch die Opposition mit ins Boot hole.
In der Eurogruppe bleibt der deutsche Vorschlag umstritten, private Gläubiger wie Banken und Versicherungen an den Hilfen zu beteiligen. Fortschritte könnte das Spitzentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy am Freitag in Berlin bringen. Vor allem Frankreich, dessen Banken massiv Griechenland-Kredite in den Büchern haben, leistet Widerstand - aus Furcht vor massiven Abschreibungen. Am Sonntag (19. Juni) wollen dann die Euro-Finanzminister erneut beraten - einen Tag früher als geplant.
Papandreou machte klar, dass er als Regierungschef weitermachen will. „Ich setze den gleichen Kurs fort mit der Partei und dem griechischen Volk“ erklärte er im Staatsfernsehen (NET). Er habe der Opposition vorgeschlagen, gemeinsam Anstrengungen für Reformen zu unternehmen. Das könne eine Beteiligung der Opposition an der Regierung sein. Er werde am Donnerstag eine neue Regierung vorstellen und sich dann einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen.
„Heute habe ich es erneut versucht. Ich habe auch klargestellt, dass ich dies nicht von Posten abhängig mache“, deutete Papandreou einen möglichen Rückzug an. Allerdings habe die oppositionelle Partei Nea Dimokratia (ND) unerfüllbare Bedingungen gestellt, bevor Gespräche überhaupt richtig hätten starten können. Die Konservativen fordern eine Neuverhandlung des Spar- und Reformprogramms mit EU und IWF.
Die Bevölkerung reagierte mit Massendemonstrationen und Streiks auf die zugespitzte Lage. Weite Teile des öffentlichen Lebens kamen zum Erliegen. Zehntausende gingen im Land gegen die Sparpolitik auf die Straße.
Aus der konservativen ND hieß es, ihr Chef habe seinerseits eine Kooperation nur für kurze Zeit vorgeschlagen, um das Land in den nächsten Monaten durch die Krise zu führen. Dann solle es Neuwahlen geben. An der Spitze dieser Regierung dürfe aber nicht Papandreou stehen. Papandreou fordere hingegen, dass eine Einheitsregierung die volle Legislaturperiode bis 2013 amtiere.
Beobachter erklärten, der Ministerpräsident sei zum Handeln gezwungen. Die gegenwärtige Regierung könne wegen des Widerstands aus den eigenen Reihen vom linken Flügel und von den Gewerkschaften nicht mehr konsequent die nötigen Reformen umsetzen.
Das Land muss rasch ein Spar- und Reformprogramm im Umfang von 78 Milliarden Euro auf den Weg bringen. Bis Ende 2011 müssen 6,4 Milliarden Euro eingespart werden, bis 2015 dann weitere 22 Milliarden. Zusätzlich muss die Regierung versuchen, 50 Milliarden Euro durch den Verkauf von Staatsbetrieben und Immobilien zu erlösen.
Von der Billigung dieses Programms durch das Parlament hängt die nächste Zuteilung von zwölf Milliarden Euro durch EU und IWF ab. Kommt dieses Geld nicht rechtzeitig, ist Griechenland Ende Juli pleite.