Piraten erweitern ihr Programm
Bochum (dpa) - Unter dem Druck schlechter Umfragewerte hat die Piratenpartei am Wochenende ihr Programm erneuert und sich Mut gemacht für die Bundestagswahl. Der Bundesparteitag in Bochum beschloss Grundsätze zur Wirtschafts-, Renten- Außen- und Umweltpolitik.
Die fehlenden Aussagen zu diesen Bereichen waren immer wieder Auslöser für Kritik an der jungen Partei gewesen, die bundesweit noch eine Zustimmung von vier bis fünf Prozent hat. An dem Parteitag nahmen rund 2000 Mitglieder teil - so viele wie nie zuvor in der jungen Geschichte der Partei.
„Das Leitbild der Piraten ist eine Ordnung, die sowohl freiheitlich als auch gerecht als auch nachhaltig gestaltet ist“, heißt es im Grundsatzprogramm zur Wirtschaftspolitik, das am Samstag beschlossen wurde. Darin setzen sich die Piraten auch von der Wachstumspolitik anderer Parteien ab. Das Ziel der Vollbeschäftigung wird als „weder zeitgemäß noch sozial wünschenswert“ abgelehnt. Befürwortet wird ein bundesweiter gesetzlicher Mindestlohn als Zwischenlösung zu dem mittelfristig angestrebten System einer „bedingungslosen Existenzsicherung“ für alle.
Rentner sollen nach dem Willen der Piraten eine Mindestrente erhalten. Das bisherige Rentensystem müsse so umgestaltet werden, dass „die Stärkeren sich angemessen mit Beiträgen an der Rentenversicherung beteiligen“. Unter anderem sprechen sich die Piraten dafür aus, alle Rentensysteme, auch die Pensionen im öffentlichen Dienst, zu einer Rentenkasse zusammenzuführen.
Am Sonntag gab sich die Partei erstmals Grundsätze zur Außenpolitik. „Leitmotiv des globalen Handelns der Piratenpartei ist das Engagement für Menschenrechte und eine gerechte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung“, heißt es darin. „Wir treten weltweit für die Förderung der Zivilgesellschaft und die Lösung von Konflikten mit friedlichen Mitteln ein.“ Ferner sprechen sich die Piraten für eine stärkere Förderung der Friedens- und Konfliktforschung aus, für „geeignete Rahmenbedingungen für offene Märkte und freien Informationsaustausch“, sowie für Transparenz bei internationalen Verhandlungen und Verträgen.
Bei der Umwelt- und Energiepolitik sind die Piraten für den Ausstieg aus der Kernenergie binnen drei Jahren. Grundsätzlich treten sie ein für einen „verantwortungsvollen und generationengerechten Umgang mit den zum allgemeinen Wohlergehen notwendigen Ressourcen immaterieller oder materieller Art“.
Der Politische Geschäftsführer, Johannes Ponader, warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag vor, ihre „farblose“ Politik zu Unrecht als alternativlos darzustellen. Dem designierten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück hielt er eine „Salamitaktik“ zur Kritik an seinen Nebentätigkeiten vor. Die Grünen liebäugelten mit der Union, sagte Ponader, am Ende stünde eine große Koalition, die Stillstand bedeuten würde. „Deshalb braucht es uns Piraten.“
Die eigene Partei rief Ponader zu einem fairen Umgang auf. „Es gewinnt nicht der, der am lautesten schreit oder am heftigsten beleidigt.“ Nach massiven Personalquerelen erklärten im Oktober zwei Mitglieder des Bundesvorstands ihren Rücktritt.
Der Vorsitzende Bernd Schlömer bezeichnete die Piraten als „sozialliberale Kraft der Informationsgesellschaft“. Dieses Profil müsse überzeugend und unverwechselbar herausgestellt werden. Sein Stellvertreter Sebastian Nerz sagte der Nachrichtenagentur dpa, er erwarte, dass die Landtagswahl in Niedersachsen den Piraten neuen Auftrieb geben werde. „Ich gehe davon aus, dass die Piraten in den Landtag gewählt werden. Wenn nicht, wird uns das einen zusätzlichen Motivationsschub geben.“