Hintergrund Pleiten, Pech und Pannen beim Verfassungsschutz
Berlin/Köln (dpa) - Als „wichtigen Akteur im System der wehrhaften Demokratie“ versteht sich das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Doch in den 66 Jahren seines Bestehens gab es auch spektakuläre Pannen:
DIE NSU-AFFÄRE - Der Präsident des Bundesamtes, Heinz Fromm, bittet im Juli 2012 um Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. Zuvor war bekanntgeworden, dass Verfassungsschützer im November 2011, kurz nach dem Auffliegen der Neonazi-Terrorzelle NSU, Akten zur rechten Szene vernichtet hatten. Sein Nachfolger wird Hans-Georg Maaßen.
DER FALL „CORELLI“ - Fundstücke aus dem Besitz eines ehemaligen V-Manns setzen den Verfassungsschutz erneut unter Druck. In Zusammenhang mit der NSU-Mordserie tauchen 2016 Handys, SIM-Karten und Unterlagen „Corellis“ auf. Trotz aller Untersuchungen rund um den NSU-Terror waren sie noch nicht richtig ausgewertet worden, was für Empörung sorgt. Verbindungen zur NSU lassen sich aber nicht nachweisen.
DER FALL KURON - Kurz nach der deutschen Wiedervereinigung kommt 1990 heraus, dass der für Spionageabwehr zuständige Verfassungsschützer Klaus Kuron für Geld acht Jahre lang Interna an die DDR verraten hatte. Urteil: zwölf Jahre Haft.
DER FALL TIEDGE - Hansjoachim Tiedge, Regierungsdirektor beim Bundesamt für Verfassungsschutz, setzt sich 1985 in die DDR ab. „Ich habe dem MfS (Ministerium für Staatssicherheit) alles gesagt, was ich wusste“, bekennt er 1993 in einem Interview aus Moskau.
DER FALL TRAUBE - Das Kölner Bundesamt gerät 1977 in die Schlagzeilen, weil Mitarbeiter in die Wohnung des Atomwissenschaftlers Klaus Traube eingedrungen sind und widerrechtlich Abhörgeräte installiert haben. Traube stand im Verdacht, Kontakt zu Terroristen zu haben.
DER FALL JOHN - Otto John, der erste Präsident des Bundesamtes, setzt sich 1954 in die DDR ab. Bis heute konnte nicht eindeutig geklärt werden, ob dieser Schritt freiwillig war oder ob John - wie er selbst behauptet hat - verschleppt wurde. John kehrt ein Jahr später in die Bundesrepublik zurück und wird zu vier Jahren Haft verurteilt.
Und auch manches Landesamt für Verfassungsschutz hatte seine Affäre. Besonders spektakulär:
DAS CELLER LOCH - Mit Unterstützung der Anti-Terroreinheit GSG 9 lässt Niedersachsens Verfassungsschutz 1978 ein Loch in die Außenwand des Hochsicherheits-Gefängnisses in Celle sprengen und täuscht einen Anschlag von Terroristen vor. Das Drehbuch sieht eine vorgetäuschte Befreiungsaktion für den wegen Bankraubes inhaftierten RAF-Mann Debus vor. Der vermeintliche Anschlag soll die „Eintrittskarte“ für zwei V-Männer in die Terror-Szene sein. Die wahren Hintergründe werden erst 1986 bekannt.