Porträt: DSK - Brillanter Stratege mit Schwachstellen

Paris (dpa) - Er zählt zu den wenigen Menschen, die ganze Schachpartien im Kopf spielen können: Dominique Strauss-Kahn ist eigentlich ein hochintelligenter Stratege.

Strauss-Kahn brachte frischen Wind in die verstaubte Finanzinstitution IWF und gab ihr ein Gesicht - meist braun gebrannt, mit markanten Augenbrauen und leicht scheelem Blick. Inmitten der Finanzkrise machte er aus dem IWF eine schnelle Einsatztruppe.

Er gab massive Kredite für Staaten frei, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, und verlangte von ihnen zugleich rigide Sparprogramme. Während der Verhandlungen über die Griechenland-Hilfe reiste Strauss-Kahn eigens nach Berlin, um Bundeskanzlerin Angela Merkel von der Notwendigkeit zu überzeugen.

Den Posten mit einem Jahresgehalt von mehr als 300 000 Euro hatte er letztlich dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu verdanken. Dieser wollte sich auf elegante Weise eines politischen Gegners entledigen und hatte sich deswegen für seine Ernennung als IWF-Chef eingesetzt.

Sarkozy und Strauss-Kahn haben einiges gemeinsam: Sie haben beide nicht-französische Vorfahren, lieben den Luxus, sind hemmungslos ehrgeizig und haben - in unterschiedlicher Ausprägung - ein Faible für schöne Frauen. In Paris war es ein offenes Geheimnis, dass Strauss-Kahn bei seinen Verführungsversuchen mehrfach die Grenzen des guten Geschmacks überschritten hatte.

Strauss-Kahn wuchs in Marokko auf, seine Familie verließ das Land nach einem dramatischen Erdbeben 1960. Mit 14 verliebte er sich in die zwei Jahre ältere Hélène Dumas, die er heiratete, sobald er volljährig war. Aus seiner ersten Ehe gingen drei Kinder hervor. Mit seiner zweiten Frau bekam er eine weitere Tochter. Camille macht derzeit in New York ihren Doktortitel, mit ihr soll sich Strauss-Kahn kurz nach dem mutmaßlichen Versuch, ein Zimmermädchen zum Sex zu zwingen, zum Essen getroffen haben.

Mit seiner dritten Frau, Anne Sinclair, besann sich Strauss-Kahn auf seine jüdischen Wurzeln: Sie ließen sich 1991 von einem Rabbiner trauen. Anne Sinclair war damals eine bekannte Fernsehmoderatorin, doch sie gab ihre TV-Karriere auf, als ihr Mann Wirtschafts- und Finanzminister wurde. Den Posten musste er später räumen, weil er in mehreren Fällen der Korruption verdächtigt wurde - ein Gericht bescheinigte ihm aber seine Unschuld.

Da ihm juristisch nie etwas angehängt werden konnte, nahm er seine politische Karriere bald wieder auf. Beinahe wäre er 2007 schon Präsidentschaftskandidat der Sozialisten geworden, doch dann setzte sich Ségolène Royal durch. Dass er 2012 gegen Sarkozy antreten wollte, bezweifelte niemand mehr, auch wenn er öffentlich nichts dazu sagte.

Kurz nach seiner Festnahme veröffentlichten Journalisten Zitate aus Hintergrundgesprächen mit ihm, in denen er sich schon als Sieger sah. „Ich biete alles, was die Franzosen brauchen: Kompetenz, Gelassenheit und internationale Erfahrung“, soll Strauss-Kahn demnach Ende April selbstbewusst gesagt haben. Aber er wusste diesen Berichten zufolge auch um seine Schwachpunkte: „Das Geld, die Frauen und mein Judentum.“