Porträt: Joachim Gauck - Freiheit als Lebensthema
Berlin (dpa) - Joachim Gauck war so etwas wie der „Sieger der Herzen“ bei der Präsidentenwahl 2010, die er erst im dritten Wahlgang gegen Christian Wulff verlor. Wenn es nach der Bevölkerung ginge, wäre der populäre frühere Pastor und DDR-Bürgerrechtler Favorit bei der anstehenden Präsidentenwahl.
Das zeigen die Umfragen. SPD und Grüne wollen ihn als Kandidaten. Sein Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gilt aber als schwierig.
Er selbst hält sich in der Frage einer Kandidatur bedeckt. „Ich habe doch zu diesem Thema die ganze Zeit nichts gesagt. Deshalb warte ich mal - bis morgen oder übermorgen. Schau'n wir mal“, sagte er am Sonntag in Wien.
Nach persönlichen Erfahrungen in zwei Diktaturen bezeichnet Gauck „Freiheit“ als sein großes Lebensthema. Jahrelang war sein Name vor allem mit der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit verknüpft. Am Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 übernahm er die nach ihm benannte Stasi-Unterlagen-Behörde. Bis 2000, als er die Leitung an Marianne Birthler abgab, avancierte Gauck zum bekanntesten Gesicht der DDR-Demokratiebewegung. Verschiedene Angebote zur Übernahme von politischen Ämtern lehnte er danach ab.
Schon im Sommer 2010 wurde er von SPD und Grünen zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert. Dass er bei der durch Horst Köhlers überraschenden Rücktritt nötig gewordenen Wahl knapp an Wulff scheiterte, änderte nichts an seinem gewachsenen Stellenwert. Als brillanter Redner ist der 72-Jährige im In- und Ausland weiter gefragt.
Gauck kam 1940 in Rostock zur Welt. Sein Vater verschwand für lange Zeit in einem Lager in Sibirien, als Gauck sechs Jahre alt war. Als evangelischer Pastor erlebte er später, wie das DDR-Regime brutal gegen Kirchenmitglieder vorging. Als sich 1989 in der Bevölkerung der Widerstand gegen die Führung formierte, führte Gauck als Sprecher des Neuen Forums in Rostock Demonstrationen an.