Ministerpräsident gesucht Renzis mögliche Nachfolger
Rom (dpa) - Nach der Schlappe beim Verfassungsreferendum ist Ministerpräsident Matteo Renzi angezählt. Ein Blick auf mögliche Nachfolger:
PIER CARLO PADOAN ist derzeit Wirtschafts- und Finanzminister und ein Politiker der alten Schule, der vor allem in Brüssel Anerkennung genießt - was auch an seinem besonnenen Auftreten liegen dürfte, das er anders als Renzi an den Tag legt. Entscheidet sich Mattarella für den 66-jährigen Ökonom, dürfte das ein beruhigendes Signal an die Märkte senden. Padoan gilt als einer der wichtigsten Männer im Kabinett Renzi, der in der (internationalen) Wirtschaftspolitik viel Erfahrung hat: erst als Wirtschaftsberater unter Ex-Premierminister Massimo D'Alema, dann als Exekutivdirektor beim Internationalen Währungsfonds, schließlich als Vize-Generaldirektor bei der internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Padoan gehört keiner Partei an.
DARIO FRANCESCHINI ist ein enger Verbündeter Renzis und macht derzeit als Kulturminister eine gute Figur. Er genießt nicht nur in der Regierungspartei Partito Democratico (PD) Rückhalt, deren Chef er 2009 war. Als Kulturminister hatte der 58-Jährige für Furore gesorgt, als er hohe Ämter in Italiens Museen erstmals international ausgeschrieben hat. Der Jurist ist seit 2001 Abgeordneter und auch als Autor aktiv: Er hat mehrere Romane geschrieben.
CARLO CALENDA ist im Kabinett Renzi Minister für Wirtschaftliche Entwicklung und setzt auf Wachstum. Zu der Hypothese, er werde der nächste Premierminister, sagte der 43-Jährige: „Das bringt mich zum Lachen.“ Geht es nach ihm, müssten die Zeiten der Übergangsregierungen beendet sein. Der PD-Politiker gilt als ein bisschen Manager und ein bisschen Politiker: Ende der 90er Jahre pflegte er bei Ferrari die Kunden- und Finanzbeziehungen, danach arbeitete er im Marketing von Sky Italia.
PIETRO GRASSO ist Präsident des italienischen Senats. Einst war der Jurist und Staatsanwalt als Anti-Mafia-Jäger bekannt. Der 71-Jährige hat zwar noch keine Erfahrung als Ministerpräsident, war aber immerhin schon kurzzeitiger Interimspräsident nach dem Rücktritt von Staatspräsident Giorgio Napolitano 2015. Fast drei Wochen lang nahm der PD-Politiker die Aufgaben des Staatsoberhauptes wahr, bis Mattarella sein Amt antrat.
GRAZIANO DELRIO ist studierter Mediziner und in Renzis Kabinett seit dem Frühjahr 2015 Minister für Infrastruktur und Verkehr. Als Chef einer Übergangsregierung würde er vermutlich einen ähnlichen Stil wie Renzi pflegen, er gilt als „super-renziano“ - nur menschlicher. Er könnte besänftigend auf die zerstrittenen politischen Lager nach der Referendumskampagne wirken. Der 56-Jährige startete seine politische Karriere als Bürgermeister in seiner Heimatstadt Reggio Emilia und hat neun Kinder.
ENRICO LETTA ist Renzis Vorgänger und wurde 2014 nicht abgewählt, sondern praktisch durch eben jenen Renzi verdrängt. Der 50-jährige Letta hat in den Hauptstädten Europas einen guten Ruf und gilt als erfahren. Er könnte sich bei Renzi revanchieren wollen. Es ist aber sehr fraglich, ob eine so polarisierende Figur zum Kopf einer Übergangsregierung gemacht wird. Außerdem ist Letta zurzeit weit weg vom Politikbetrieb in der Hauptstadt: Er bringt Studenten in Paris Politik bei. Seit 2015 ist Letta Dekan an der Pariser Hochschule für internationale Beziehungen PSIA.