Report: Für Bauern beginnt Kampf um Entschädigung
Straelen (dpa) - Als Bauer Leo Berghs-Trienekens die erlösende Nachricht per Handy erreicht, steht er in grüner Arbeitshose und kariertem Hemd vor seinem Kühlhaus.
Dort lagern frische Gurken und Tomaten, die in nächsten Tagen vernichtet werden sollen. Auch die am Freitag wieder aufgehobene EHEC-Warnung für Blattsalate, Gurken und Tomaten ändert daran nichts mehr. Das Schicksal der Gemüseladung ist schon amtlich besiegelt - trotz der Entwarnung. Berghs-Trienekens atmet tief durch. „Der Anruf gibt mir wieder etwas Hoffnung, obwohl die Arbeit jetzt erst los geht“, sagt er.
Berghs-Trienekens Hof im niederrheinischen Straelen umfasst 12 Hektar Anbaufläche für Salat, Gurken und Tomaten. Sein Gemüse kommt zu den großen deutschen Lebensmittelhändlern. Das Thema EHEC beschäftigt den 49-Jährigen nach wie vor. 20 000 Euro Verlust habe er seit Beginn der EHEC-Krise jede Woche erlitten, einen Teil des Schadens möchte er durch die Hilfszusagen der EU ausgleichen.
210 Millionen Euro sollen von der EU-Kommission an die betroffenen Bauern fließen. Berghs-Trienekens kann derzeit jedoch nur ahnen, wie er an einen Teil der Entschädigung kommen könnte, denn offizielle Informationen hat er noch nicht erhalten: „Bisher waren Mitarbeiter meines Großkunden hier und haben die finanziellen Schäden errechnet. Die Infos gehen an den Bauernverband weiter und von dort an die zuständigen Behörden“, sagt Berghs-Trienekens. Erst in einigen Wochen kann er auf Geld hoffen.
Bei der Vertretung der EU-Kommission in Berlin möchte man sich noch nicht genau festlegen. Erst müssten die Komitees in Brüssel den Vorschlägen von Dacian Ciolos, dem EU-Kommissar für Landwirtschaft, zustimmen. Wahrscheinlich sei aber, dass sich die Landwirte für Entschädigungen an ihre Erzeugergemeinschaften oder an das jeweilige Bundesland wenden müssten.
Bauer Berghs-Trienekens ist trotz der Zusagen seitens der EU unzufrieden: „Ich bin unverschuldet in Not geraten. Kontrollen haben ergeben, dass meine Ware frei von EHEC ist. Eigentlich müsste ich 100 Prozent der Schäden ersetzt bekommen. Das Geld ist für alle Bauern nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“ Die Förderbank für Agrarwirtschaft bietet den Bauern daher besonders zinsgünstige Kredite an. Für Berghs-Trienekens keine Alternative: „Bevor ich einen weiteren Kredit aufnehme, mache ich den Hof hier dicht“, sagt er entschlossen.
Noch rund drei Wochen könnte Berghs-Trienekens seine Umsatzeinbußen mit Rücklagen ausgleichen, doch nachdem die Verzehrwarnung nun nur noch für Sprossen gilt, wächst seine Zuversicht auf einen langsamen Anstieg der Bestellungen. „Wir müssen jetzt für unser Gemüse mehr Werbung machen„, sagt er und zeigt einen Aufkleber, den er und seine Kollegen bald auf die Gurken kleben möchten: „Frische aus dem Rheinland“ ist darauf zu lesen. So soll verlorenes Vertrauen der Kunden wieder aufgebaut werden.