Report: Für FPÖ scheint die Hofburg zum Greifen nah

Wien (dpa) - „Protest-Tsunami“, „Erdbeben“, „Erdrutschsieg“ - mit Naturgewalten haben die österreichischen Medien das spektakuläre Ergebnis der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl verglichen.

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Die Rechtspopulisten der FPÖ stehen vor ihrem größten Triumph: Dem Einzug in die Hofburg in Wien.

Der Mann der Stunde ist der 45-jährige Norbert Hofer, der mit seiner smarten Art im Wahlkampf wesentlich zum Rekordsieg der „Blauen“ beigetragen hat. „Die FPÖ ist nicht mehr das Schmuddelkind der Politik“, kommentiert das Boulevardblatt „Kronen Zeitung“.

Bis zur Stichwahl am 22. Mai sehen viele Beobachter nun einen Lager-Wahlkampf auf die Alpenrepublik zukommen: „Blau“ gegen „Grün“. Auf dem zweitplatzierten 72-jährigen Wirtschaftsprofessor Alexander Van der Bellen, einstiger Chef der Grünen, ruhen alle Hoffnungen der FPÖ-Gegner. Er hat sich als bedächtiger und eher behutsamer Staatsmann in spe positioniert.

Auch wenn sich Van der Bellen selber Mut macht („Jetzt werden die Karten neu gemischt.“) geht Hofer als klarer Favorit ins Rennen um das höchste Amt im Land. Diese Rolle wird nicht nur durch den großen Abstand von rund 14 Prozentpunkten untermauert. Vielmehr hat Hofer mit seinen Themen einen Nerv getroffen. Er will sich mehr als jeder andere Bundespräsident bisher in die Tagespolitik einmischen, der rot-schwarzen Regierung genau auf die Finger schauen und droht gar offen mit deren Entlassung, wenn die Dinge nicht so laufen, wie er sich das wünscht. „Die Regierung muss wissen, es wird für sie schwieriger, aber für Österreich besser“, sagt er selbstbewusst.

Genau diese Vorhaben sind laut Analyse des Sozialforschungsinstituts Sora mehrheitsfähig. „Soll ein Bundespräsident die Regierung entlassen, wenn aus seiner Sicht nichts weitergeht?“, fragte das Institut. 56 Prozent der Bevölkerung stimmen dieser Aussage „sehr“ oder „ziemlich“ zu. Auch der laufenden Einmischung in die Innenpolitik durch den Staatschef können 57 Prozent etwas abgewinnen.

Dagegen ist ein „Trumpf“ Van der Bellens im Versuch, eine Anti-FPÖ-Koalition zu schmieden, möglicherweise nicht so stichhaltig. Der 72-Jährige wirbt damit, einen FPÖ-Kanzler auch bei einer Mehrheit der Rechtspopulisten nicht mit der Regierungsbildung beauftragen oder ihn vereidigen zu wollen. Aber 80 Prozent der Bevölkerung wollen „sehr“ oder zumindest „ziemlich“, dass ein Staatschef jede Regierung akzeptiert und keine Tabus kennt. Der Erfolg einer Anti-FPÖ-Koalition scheint unter diesen Vorzeichen zumindest fraglich.

Das Triumph der FPÖ basiert längst nicht allein auf ihrer Anti-Willkommens-Haltung in der Flüchtlingsfrage. Vielmehr befürchten viele Bürger einen wirtschaftlichen Niedergang. Nicht von ungefähr will die Regierung nun also hier nachlegen. „Das ist ein Warnsignal an die Regierung. Krempelt endlich die Ärmel auf. Und tut etwas gegen die Arbeitslosigkeit und die steigende Zahl von Menschen, die nicht von ihrer Arbeit leben können“, sagte Kanzler Werner Faymann dem „Kurier“ (Montag).

Ungemach droht der SPÖ auch wegen ihrer inzwischen restriktiven Flüchtlingspolitik. Die geplante Verschärfung der Asylgesetze in dieser Woche im Parlament wollen nicht alle Genossen mitmachen. Der Schwenk habe nichts gebracht und zerstöre die Werte der Partei. „Die Menschen gehen zum Schmied und nicht zum Schmiedl“, hieß es mit Blick auf die FPÖ, die das eigentliche Sammelbecken für die Flüchtlings-Skeptiker sei.