Report: Putin will keinen Eisernen Vorhang

Moskau (dpa) - In seiner großen Fernsehshow „Direkter Draht“ bemüht sich Kremlchef Putin demonstrativ um eine Entspannung im Ukraine-Konflikt. Er wolle keinen neuen Eisernen Vorhang. Seine Botschaft auch an den Westen: Gemeinsam eine Lösung für die Ex-Sowjetrepublik suchen.

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Über einen möglichen Krieg in der Ukraine will Kremlchef Wladimir Putin lieber nicht sprechen. Die Lage um die krisengeschüttelte Ex-Sowjetrepublik sei ohnehin so aufgeheizt. Wichtig sei, dass etwa bei den ersten internationalen Genfer Krisengesprächen Vertreter der EU, der USA und Russlands gemeinsam nach einer friedlichen Lösung suchten.

Der 61-Jährige betont dies auch auf Nachfragen am Donnerstag nach seiner knapp vierstündigen Fernsehsendung „Direkter Draht“. Die zwölfte Auflage der Show drehte sich fast nur um die Ukraine.

Ob denn nun wirklich kein russischer Einmarsch angesichts der Gewalt in der Ostukraine kurz bevorstehe, wollen viele nach Ende der Sendung wissen. „Jedes unbedachte Wort in einer solchen Situation kann negativ auf die Entwicklung des Prozesses einwirken“, warnt Putin. Dialog, Verhandlungen, Diplomatie - darum gehe es jetzt.

Auch die TV-Show dreht sich darum, wie groß die Kriegsgefahr ist - immerhin gibt es nach Darstellung der Moderatoren im Staatsfernsehen viele Hilferufe russischsprachiger Bürger in der Ukraine. Russland werde sich auf jeden Fall für den Schutz ihrer Interessen einsetzen, verspricht Putin. Sie müssten zum Beispiel das „garantierte Recht“ haben, die eigene Sprache zu sprechen.

Eher beiläufig erinnert Putin daran, dass er eine parlamentarische Vollmacht für einen Militäreinsatz in der Ukraine habe, um die russische Bürger zu schützen. „Ich hoffe sehr, dass ich von diesem Recht keinen Gebrauch machen muss“, sagt Putin, der sich von den Zuschauern als „Sieger“ und „mächtigster Mann der Welt“ loben lässt.

Vorschlägen einzelner Russen, doch in die Ukraine einzumarschieren, um dort gleich Ordnung zu schaffen, erteilt Putin allerdings eine Absage. Auch der Antrag der Konfliktregion Transnistrien, nach dem Beispiel der Krim nun ebenfalls Russland beizutreten, scheitert vor laufenden Fernsehkameras. Der Streit um das von der Ex-Sowjetrepublik Moldau abtrünnige Gebiet müsse über internationale Verhandlungen gelöst werden, meint der Präsident.

Dass Putin, wie von vielen im Westen befürchtet, nach dem umstrittenen Anschluss der Schwarzmeerhalbinsel Krim nun andere Gebiete im postsowjetischen Raum annektieren könne, dafür gibt es zumindest in der TV-Show keine Hinweise. Gleichwohl erzählt er launig, dass die nun von Gewalt erschütterten Regionen im Osten der Ukraine eigentlich zu Zarenzeiten zum russischen Imperium gehörten und die Sowjetmacht sie - „weiß Gott, wieso“ - der Ukraine zugeschlagen habe.

Wollen die Russen deshalb wie auf der Krim vorgehen? Hinweise darauf gibt Putin nicht. Vielmehr bezeichnet er die Halbinsel, wo seit mehr als 200 Jahren die russische Schwarzmeerflotte stationiert ist, erneut als Sonderfall. Schon aus geopolitischen Interessen habe Moskau nicht zulassen können, dass dort eines Tages die Nato Quartier bezieht - oder die USA mit ihrer von Russland abgelehnten Raketenabwehr.

Nach Wochen der Konfrontation mit dem Westen um die Ukraine und wohl nicht zuletzt angesichts der von den USA und der EU verhängten Sanktionen erleben die Zuschauer einen betont auf Ausgleich gestimmten Putin. Russland wolle keinen neuen Eisernen Vorhang, sagt der Präsident. Als einige den zunehmenden Druck auf Andersdenkende in Russland zur Sprache bringen, mahnt er, andere Meinungen zuzulassen. Im Anschluss an die Fernsehshow spricht er sich dann sogar für den Erhalt des von Schließung bedrohten kremlkritischen Fernsehsenders Doschd aus.