Report: S21-Gegner wollen weitermachen

Stuttgart (dpa) - Viele Gegner von Stuttgart 21 ziehen am Sonntag zuversichtlich vor den Hauptbahnhof. Wie so oft in den vergangenen Monaten ist dort für eine Kundgebung eine Bühne aufgebaut. Rapper Borna spielt sein Widerstandslied „Oben bleiben“.

Im Schein von Wunderkerzen verlesen die Moderatoren nach Schließung der Abstimmungslokale erste Ergebnisse - und verhageln die Stimmung. Immer mehr Resultate trudeln ein, die das Scheitern der S21-Gegner dokumentieren. Nur wenige Städte wie Heidelberg, Freiburg, Mannheim und Karlsruhe stemmen sich gegen den Trend. Die Landesvorsitzende des Umweltverbands BUND, Brigitte Dahlbender, zeigt sich hinter der Bühne enttäuscht. „Das Ergebnis müssen wir wohl hinnehmen“, sagt sie. Nun müsse der Finanzminister und bekennende S21-Befürworter Nils Schmid (SPD) „dafür sorgen, dass der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro eingehalten wird“.

Dahlbender ist überzeugt: Der Widerstand gegen das Projekt wird sich nun verändern. Doch verebben wird er nicht - das wird bei der Kundgebung deutlich. „Wir stellen unsere Aktivitäten erst ein, wenn Stuttgart 21 beendet ist“, sagt der Sprecher der „Parkschützer“, Matthias von Herrmann. „Jetzt geht's weiter“, rufen mehrere Zuhörer.

Der große Chor der Gegner erwacht, als Hannes Rockenbauch, Stadtrat und Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S21, von der Bühne herab einen Bau- und Vergabestopp fordert, bis alle Kosten des Projekts vollständig bekannt seien. „Baustopp jetzt“ und „Oben bleiben“, rufen Hunderte trotzig. Denn an den bisher bekannt gewordenen Fakten habe sich auch durch die Abstimmung nichts geändert, so das einhellige Urteil.

„Sind die Lügen weniger geworden? Sind Trickserei und Mauschelei weniger geworden?“ ruft der Theaterregisseur Volker Lösch. Er schwört die rund 4000 Teilnehmer - wie auf zahlreichen Kundgebungen zuvor - leidenschaftlich fürs Durchhalten ein: „Mist bleibt Mist, und deshalb stoppen wir ihn.“

Dass die S21-Gegner selbst in der Landeshauptstadt keine Mehrheit bekommen, hat Lösch „sehr überrascht“. „Vor einem Jahr war die Situation komplett anders, die Abstimmung kommt viel zu spät.“

Andere eingefleischte S21-Gegner aus Stuttgart überlegen sich, in welche der Städte mit einem mehrheitlichen Ja zum Ausstieg aus dem Projekt sie nach diesem Debakel ziehen wollen. „Komm, wir ziehen nach Freiburg“, sagt eine Gegnerin. Und verlässt das Zelt, wo sich hinter einer Musikgruppe ein kleiner Demo-Zug Richtung Schlossgarten bildet. Die S21-Gegner wollen auch an diesem Montagabend wiederkommen. Dann zur 101. Demonstration gegen das Milliarden-Projekt.