Analyse Rote Linien: Welche Optionen hat Trump in Syrien?

Washington (dpa) - Plötzlich ist sie zurück, die rote Linie. Die Worte, die Donald Trump an den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad richtet, wecken Erinnerungen an das Jahr 2013.

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Für ihn seien viele Grenzen überschritten worden, die über eine rote Linie hinausgingen, sagt Trump mit Blick auf den jüngsten mutmaßlichen Giftgaseinsatz in der syrischen Stadt Chan Scheichun.

Die rote Linie, sie steht ganz maßgeblich für die gescheiterte Syrien-Politik seines Vorgängers Barack Obama. Der Demokrat hatte Assad im Sommer 2013 ein Ultimatum gestellt, ihm mit Luftschlägen gedroht, sollte er Chemiewaffen gegen das eigene Volk einsetzen. Assad überschritt die Linie. Aber Obama entschied sich anders.

Was also wird Trump machen? Er, der immer wieder geschworen hatte, keine weiteren amerikanischen Soldaten in blutige Konflikte zu verwickeln? Der sich raushalten wollte, weil Amerika zuerst kommen müsse? Was kann er überhaupt tun?

LUFTANGRIFFE?

Militärisch können die USA eigentlich nicht gegen Assads Truppen vorgehen, ohne eine Konfrontation mit Russland zu riskieren. Obamas Regierung erwog 2013 den Beschuss ausgewählter Ziele des syrischen Militärs mit Marschflugkörpern, darunter Einheiten, die sie für Chemiewaffenangriffe verantwortlich machten, sowie Kommandozentren und Start-und Landebahnen der Luftwaffe. Russland hat ein hochmodernes Luftabwehrsystem S-400 auf dem Stützpunkt Hamaimim am Mittelmeer stationiert. Es kann damit im Umkreis von 400 Kilometern über Syrien und im Nahen Osten bestimmen, wer fliegt und wer nicht.

SICHERHEITSZONEN?

Trump hat in seinen ersten Amtstagen vage darüber gesprochen, sichere Zonen für Flüchtlinge einrichten zu wollen. Ein solches Gebiet aber müsste mit Bodentruppen abgesichert werden, im Fall einer Flugverbotszone gar mit Kampfjets. Das würde Assad als Verstoß gegen die Souveränität seines Landes werten. In der Praxis kann es nicht gegen Russland und seine S-400 funktionieren.

Der Nahostexperte Daniel Byman von der Washingtoner Denkfabrik Brookings meint, eine Sicherheitszone würde die Lage nur verschlimmern, erhebliche Ressourcen beanspruchen und den Weg für eine größere militärische Intervention der USA bereiten.

Und wo sollte eine solche Zone überhaupt errichtet werden? In Frage käme ein Gebiet in Nordsyrien, das von türkischen Truppen und moderateren Rebellen kontrolliert wird. Es dürfte aber kaum ausreichen, um noch mehr Vertriebene aufzunehmen. Chan Scheichun wiederum liegt in der Provinz Idlib, in der auch Al-Kaida-nahe Milizen stark sind - die durch eine Sicherheitszone ebenfalls geschützt würden.

REBELLEN STÄRKER UNTERSTÜTZEN?

Diesen Plan verfolgte schon Obamas Regierung und erlebte damit teilweise ein Desaster. Und anderem taten sich die USA schwer, Kämpfer zu finden, denen sie vertrauten. Seitdem hat sich die Lage für die Assad-Gegner auch verschlechtert, weil sie in den vergangenen Monaten stark an Boden verloren haben. Das gilt besonders für moderatere Rebellen, die für eine stärkere Unterstützung geeignet wären. In vielen von oppositionellen Milizen kontrollierten Gebieten des Bürgerkriegslandes geben längst radikalere Kräfte den Ton an. Eine Aufrüstung von Rebellen hätte zudem vor allem zur Folge, dass die Gewalt in Syrien noch weiter eskaliert.

DIPLOMATISCHER DRUCK?

Auch hier haben die USA de facto keinen Handlungsspielraum. Unter Obama verliefen die diplomatischen Initiativen letztendlich allesamt im Sand. Der ehemalige Außenminister John Kerry verhandelte nächtelang mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Fristen verstrichen, Waffenruhen scheiterten, es fielen weiter Bomben. Im vergangenen Herbst brach ein zutiefst frustrierter Kerry den Dialog mit Moskau ganz ab.

Russland war seither umtriebig und schuf ein eigenes Format für Friedensverhandlungen. Gemeinsam mit der Türkei und dem Iran brachte es Regierung und Opposition aus Syrien in der kasachischen Hauptstadt Astana zusammen. Doch greifbare Ergebnisse blieben aus.

US-Außenminister Rex Tillerson reist in der kommenden Woche nach Moskau. Bei dem Gespräch mit Lawrow dürfte das Thema Syrien an oberster Stelle stehen. Am Mittwoch forderte er Moskau auf, noch einmal sorgfältig über die Unterstützung für Damaskus nachzudenken. Aber Tillerson hat nichts in der Hand, womit er Druck machen könnte.

Möglich wären Sanktionen, wie sie die USA auch wegen der russischen Übergriffe auf die Ukraine verhängt haben. Doch eigentlich ist Trump angetreten, die Strafmaßnahmen aufzuheben.

Im UN-Sicherheitsrat sind die Fronten verhärtet. Sitzungen zu Syrien gerieten in den vergangenen Monaten nicht selten zum großen Showdown zwischen Russland und den USA, Ergebnisse brachten sie kaum hervor. Ende Dezember konnte sich der Rat immerhin zu einer neuen Resolution durchringen - doch darin stand nicht viel mehr als die Zustimmung zu einer ohnehin schon in Kraft getretenen, von Russland und der Türkei ausgehandelten Waffenruhe. Auch am Mittwoch herrschte ein Patt.

GAR NICHTS TUN?

Wie bei allem, was Trump seit seinem Amtsantritt angekündigt hat, bleibt abzuwarten, ob seinen deutlichen Worten tatsächlich Taten folgen. Tut er aber gar nichts, würde die Glaubwürdigkeit der USA in der Syrien-Frage wohl weiteren Schaden nehmen. Die rote Linie stünde dann nicht nur für Obamas Scheitern.