Schuldenkrise belastet Konjunktur

Wiesbaden (dpa) - Ein enttäuschendes Weihnachtsgeschäft des Handels und schwache Exporte haben den deutschen Aufschwung vorerst gestoppt. Erstmals seit dem Ende der Rezession zweieinhalb Jahre zuvor ist die Wirtschaft im Schlussquartal 2011 wieder geschrumpft.

Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte, sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal 2011 preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,2 Prozent zum Vorquartal. Damit fiel das Minus etwas geringer aus als ursprünglich vermutet. In einer ersten Schätzung vom Januar hatten die Statistiker einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,25 Prozent erwartet. Für das Gesamtjahr 2011 bestätigte das Bundesamt das BIP-Wachstum von 3,0 Prozent.

Verantwortlich für den Dämpfer waren insbesondere die Unsicherheiten infolge der Euro-Schuldenkrise und die nachlassende Dynamik der Konjunktur weltweit. Der Jahresausklang gebe aber keinen Anlass für Konjunkturpessimismus, betonte der Außenhandelsverband BGA: „Die deutsche Wirtschaft ist in einer robusten Verfassung und behauptet sich in dem gegenwärtig schwierigen Umfeld gut.“

Nach Angaben der Behörde kamen die positiven Impulse im Schlussquartal ausschließlich von den Investitionen. Vor allem der Bausektor habe deutlich mehr investiert als im Vorquartal. Hingegen wirkte sich der Außenhandel insgesamt negativ auf das BIP-Wachstum aus, und auch die zuletzt starken Konsumausgaben waren leicht rückläufig.

Anfang 2012 hat der Aufschwung nach Einschätzung von Volkswirten aber wieder etwas an Fahrt gewonnen. „Das 4. Quartal 2011 dürfte den Tiefpunkt markiert haben“, glauben etwa Experten der Unicredit. Darauf deuteten starke Daten vom Arbeitsmarkt hin. Der Inlandskonsum dürfte wieder anziehen, zumal sich die Verbraucherstimmung zuletzt aufhellte. Auch die Exporterwartungen hätten sich wieder deutlich verbessert, betonte Unicredit-Ökonom Alexander Koch.

Damit würde die Konjunkturlokomotive Europas doch nicht in eine „technische Rezession“ schlittern, bei der das BIP in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft. „Die Diagnose ist: Wir haben eine Delle, keinen Konjunkturabsturz“, urteilte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.

Allzu große Sprünge dürfte die deutsche Konjunktur zum Jahresbeginn aber noch nicht machen. „Ein schwacher Start in das Jahr und der frostige Februar werden die Wirtschaftsleistung wohl auch im ersten Quartal belasten“, betonte Simon Junker, Konjunkturexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Immerhin machten die sich deutlich bessere Unternehmensstimmung und die zuletzt wieder etwas dynamischeren Auftragseingänge in der Industrie Hoffnung, dass die deutsche Wirtschaft ab dem Frühjahr wieder wachsen könnte, sagte DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner: „Die Krise im Euroraum bremst das Wachstum in Deutschland voraussichtlich nur vorübergehend.“ Schon ab der Jahresmitte sei wieder mit kräftigen Zuwächsen zu rechnen.

Die Prognosen für das Gesamtjahr 2012 gehen wegen der Unsicherheiten durch die Staatsschuldenkrise allerdings noch weit auseinander. So erwartet die Deutsche Bank eine „schwarze Null“, die Commerzbank ein Plus von 0,5 Prozent. Die Bank Unicredit ist mit ihrer Prognose von 0,9 Prozent BIP-Wachstum optimistischer.

Im Vorjahresvergleich habe sich das Wachstum der deutschen Wirtschaft zum Jahresende zwar abgeschwächt. Dennoch habe die Wirtschaftsleistung auch im zweiten Jahr nach der tiefen Krise in allen Quartalen klar über dem Niveau des Vorjahres gelegen, betonten die Statistiker. Von Oktober bis Dezember 2011 war das BIP nach den Angaben um 1,5 Prozent höher als im Schlussvierteljahr 2010.

Nach der tiefen Rezession zuvor war die deutsche Wirtschaft seit dem Frühjahr 2009 zuletzt zehn Quartale in Folge gewachsen. Detaillierte Ergebnisse für das vierte Quartal will das Bundesamt am 24. Februar veröffentlichen.