Schwerer Gang für Götze - Jungstar bedankt sich via Internet
Dortmund (dpa) - Nur zögerlich und fast ein wenig ängstlich folgte Mario Götze seinen Noch-Kameraden vor die tobende schwarz-gelbe Wand der Südtribüne. Doch der frenetische Jubel der Fans nach dem Schlusspfiff nahm ihm die Angst vor Unmutsäußerungen.
Sichtlich erleichtert schloss sich das scheidende Fußball-Juwel der Ehrenrunde der Mannschaft an und verließ als einer der letzten den Rasen.
Ganz geheuer war Götze die Sache aber noch immer nicht. Flankiert von Kumpel Marco Reus mogelte sich der künftige Münchner an den Medien vorbei aus den Stadion-Katakomben. Fragen zum Spiel oder zu seinem Auftritt bei der 4:1-Gala gegen Real Madrid mochte der Fußballprofi von Borussia Dortmund nicht beantworten. So blieb Götzes Gefühlswelt zunächst im Dunkeln.
Erst einen Tag später brachte er seine Erleichterung via Internet zum Ausdruck. „...turbulente Tage für Euch, den Verein und mich. Danke für Eure Unterstützung“, schrieb der 20 Jahre alte BVB-Profi auf seiner Facebook-Seite.
Anders als befürchtet stellten die BVB-Fans ihre Liebe zum Club über ihre Wut und Enttäuschung. Das beflügelte den scheidenden Götze. „Es war ein unfassbar gutes Spiel von Mario. Das war nicht selbstverständlich“, lobte Jürgen Klopp die Coolness des 20-Jährigen, der auf dem Rasen unbeeindruckt vom Wechsel-Theater brillierte.
Dabei war selbst Klopp zuvor nicht sicher gewesen, ob die Fans
ihren Frust unter Kontrolle haben würden - einen Tag nach Bekanntwerden von Götzes Wechsel im Sommer zu den Bayern. Oder ob sich ihr Zorn über den einstigen Publikumsliebling Bahn brechen würde. Vorsorglich hatte der Coach sein Fußball-Juwel sogar angeschwindelt, als er meinte, die Fans würden das Team und ihn in dem wichtigen Spiel vorbehaltlos unterstützen. „Ich habe so getan, als sei ich mir da sicher“, gestand Klopp den kleinen Psychotrick.
Schon kurz nach dem Anpfiff war klar, dass dem „Shitstorm“ im Internet keine großen Unmutsbekundungen folgen würden. Zur Sicherheit hatte der BVB vor Spielbeginn Klopps eindringlichen Dienstags-Appell an die Fans („Lasst alle negativen Gefühle zu Hause und uns gemeinsam einen ganz speziellen BVB-Abend erleben!“) nochmals über die Videowände flimmern lassen.
Die meisten Teamkollegen zeigten sich ohnehin unbeeindruckt. „Wir mussten uns allein auf dieses Spiel konzentrieren. Was mit Mario passiert, spielt keine Rolle“, betonte Vierfach-Torschütze Robert Lewandowski, der beim 1:0 Götzes Flanke über die Linie drückte. Der Coach habe das Thema in der Mannschaftssitzung kurz angeschnitten, erzählte Sven Bender. Auch er hegt keinen Zweifel, dass Götze bis zur letzten Sekunde alles für den BVB gibt: „Mario ist jetzt noch bei uns und gibt Vollgas.“
Man habe es „ausblenden“ müssen, betonte Marcel Schmelzer. „Vielleicht bekommt man die Chance, ins Champions-League-Finale einzuziehen, nicht so schnell wieder. Warum sollten wir uns die kaputt machen lassen, nur weil jemand eine Information nicht für sich behalten konnte?“, meinte der Linksverteidiger.
Dies ärgerte auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der sich über das Verhalten des FC Bayern beklagte. „Was mich enttäuscht hat war, dass mich Karl-Heinz Rummenigge nach der Zusage von Mario nicht wenigstens angerufen hat. Das wäre stilbildend gewesen. Mir kommt die Kollegialität in der Bundesliga mittlerweile zu kurz. Als wir im vergangenen Jahr den Transfer von Marco Reus abgewickelt hatten, hat unser Manager Michael Zorc sofort bei Gladbachs Sportdirektor Max Eberl angerufen“, wiederholte Watzke in der „Bild“-Zeitung (Freitagausgabe) seine Kritik. Am Donnerstagmorgen soll es schließlich zum Gespräch zwischen Watzke und Rummenigge gekommen sein.
Mats Hummels ließ - nicht nur wegen seines unglaublichen Fehlpasses vor dem 1:1-Ausgleich - indes erkennen, dass ihn der Wechsel von Götze zu den Bayern ziemlich mitgenommen hatte. „Wir waren alle nicht erfreut darüber, aber wir haben es akzeptiert“, so der Verteidiger. Und: „Wir hatten immer das Gefühl, dass Mario gerne bei uns spielt.“