Sorgen vor Avancen Griechenlands in Richtung Moskau
Brüssel/Athen (dpa) - Vor dem Moskau-Besuch des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras hat der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, vor einer Annäherung an Russland gewarnt.
Es wäre eine riskante Strategie, wenn Tsipras in der angespannten Situation sein Heil in einer Annäherung an das autokratische System suche, sagte der CSU-Politiker dem „Tagesspiegel“. Der für Mittwoch geplante Besuch komme „zur Unzeit“.
Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis hatte am Osterwochenende allerdings Mutmaßungen zurückgewiesen, die Reise leite eine Distanzierung Griechenlands von der EU ein. Kritiker befürchten, Tsipras könnte Putin um Notkredite bitten, weil ihm EU, Europäische Zentralbank und der Weltwährungsfonds IWF zurzeit den Geldhahn abgedreht haben.
Finanzminister Gianis Varoufakis sagte dem IWF die Rückzahlung eines Kredits von rund 450 Millionen Euro zu, der am Donnerstag fällig wird. Zu seit Tagen kursierenden Gerüchten, Griechenland könnte Kredite außerhalb der EU wie etwa in Russland oder China aufnehmen, sagte er dem Wirtschaftsblatt „Naftemboriki“: „Die Lösung der Krise (...) betrifft die europäische Familie und muss im Rahmen der EU gefunden werden.“
Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro, etwa 55 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland. Der Schuldenberg beträgt 320 Milliarden Euro. Ohne rasche Hilfen droht Athen schon bald der Staatsbankrott. Die Euro-Partner und der IWF haben Kredite von 7,2 Milliarden Euro auf Eis gelegt, weil bisher nicht alle Reformauflagen erfüllt sind. Die Verhandlungen Griechenlands mit den Geldgebern sollen diese Woche in Brüssel und Athen intensiviert werden.
Im Streit um deutsche Reparationszahlungen für erlittene Schäden im Zweiten Weltkrieg bezifferte der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas unterdessen die Forderungen seines Landes auf 278,7 Milliarden Euro. Auf diese Summe komme nach einer ersten Auswertung ein zuständiger Parlamentsausschuss, teilte Mardas am späten Montagabend im Parlament in Athen mit. Das Thema belastet die deutsch-griechischen Beziehungen seit Jahrzehnten.
Zu den Reparationsforderungen gibt es bereits eine umfangreiche griechische Studie. Auf deren Grundlage prüfen der Parlamentsausschuss und der Oberste Gerichtshof des Landes zurzeit, wie mögliche Reparationsforderungen an Deutschland erhoben werden können. Die Gesamtforderungen werden darin in einer Höhe zwischen 269 und 332 Milliarden Euro beziffert. Die Bundesregierung sieht die Entschädigungsfrage dagegen als erledigt an.