„Nationale Tragödie“ Feuerinferno nahe Athen - mindestens 74 Tote

Athen (dpa) - Mindestens 74 Menschen sind dem rasenden Feuer zum Opfer gefallen, das in der Nacht zum Dienstag einen Ferienort östlich von Athen in Schutt und Asche gelegt hat.

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Die Zahl sei noch nicht abschließend, es würden noch Menschen vermisst, sagte eine Sprecherin der griechischen Feuerwehr. Es seien bereits Dutzende Anrufe wegen vermisster Familienmitglieder und Freunde eingegangen. Die Zahl der Verletzten lag zuletzt bei 164 Erwachsenen sowie 23 Kindern.

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Der Bürgermeister der Hafenstadt Rafina sagte im Rundfunk, allein in seiner Region seien mindestens 1200 Häuser zerstört worden. „Die Opferzahl könnte noch steigen.“ Die Rettungskräfte durchsuchen jedes einzelne Haus, immer wieder berichten Medien vor Ort von neuen, jedoch nicht verifizierten Leichenfunden. Auf einer Internetseite veröffentlichten Angehörige im Laufe des Dienstags Fotos von mutmaßlich Vermissten.

Flammeninferno wütet in Griechenland
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Flammeninferno wütet in Griechenland

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Luftaufnahmen der betroffenen Region zeigen das Ausmaß des Infernos - und die Ausweglosigkeit für die Opfer. Starker Wind hatte die Flammen in der Nacht mit rasender Geschwindigkeit vor sich her getrieben. „Der Wind brachte das Feuer wohin er wollte“, sagte eine Augenzeugin dem griechischen Fernsehsender Skai. Viele hätten es schlicht und einfach nicht geschafft, zum rettenden Meer zu gelangen, oder seien von den Flammen umzingelt worden. Auch die Feuerwehr habe keine Chance gehabt. Zu dem Zeitpunkt herrschten in der seit Wochen trockenen und heißen Region Windstärken von bis zu 90 Stundenkilometern.

Ministerpräsident Alexis Tsipras wandte sich am Dienstagmittag über das Fernsehen an die Bevölkerung. Es gehe jetzt darum, noch zu retten, was zu retten sei, und zusammenzustehen, sagte er und kündigte eine dreitägige Staatstrauer an. Tsipras bedankte sich bei den Feuerwehrleuten, den Rettungssanitätern und anderen Helfern und sagte an die Überlebenden gewandt: „Keiner soll ohne Hilfe bleiben - und nichts bleibt ohne Antworten.“

Die Frage der Verantwortlichkeit wird in griechischen Medien bereits heiß diskutiert, unter anderem die Frage, warum die Orte nicht rechtzeitig evakuiert wurden und wie es um Hilfsmittel wie Löschflugzeuge stehe. Tsipras erteilte der Diskussion jedoch vorläufig eine Absage. Jetzt trauere Griechenland, das „Was“ und das „Warum“ würden im Anschluss geklärt.

Eine erste Unterstützung soll es vom Wirtschaftsministerium geben, das für die betroffenen Regionen 20 Millionen Euro Soforthilfe bereitstellen will. Zudem machten sich im Laufe des Dienstags viele Bürger aus Athen auf den Weg, um Nahrungsmittel und Wasser bereitzustellen. Auch Aufrufen zu Blutspenden folgten viele.

Aus dem Ausland gab es zahlreiche Solidaritätsbekunden und ebenfalls Hilfsangebote. Bundeskanzlerin Angela Merkel sicherte Tsipras die Solidarität Deutschlands per Telegram zu. „Sie können sich unserer Unterstützungsbereitschaft bei der Bewältigung der Brandkatastrophe sicher sein.“ Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte. Hilfe sei unterwegs von vielen EU-Ländern, twitterte EU-Ratspräsident Donald Tusk, Europa werde in diesen schwierigen Zeiten an der Seite seiner griechischen Freunde stehen.

Auch Papst Franziskus sprach den Betroffenen seine Anteilnahme aus: Er sei „zutiefst betrübt“ angesichts der Brände in Griechenland, teilte der Vatikan mit. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Russlands Präsident Wladimir Putin sollen ebenfalls Unterstützung angeboten haben, berichtete die halbstaatliche griechische Nachrichtenagentur ANA-MPA.

Die Region um Rafina herum ist dicht bewaldet, zwischen den Pinien verstreut stehen Tausende Ferienhäuser und Wohnungen. Viele Athener verbringen hier ihren Sommerurlaub. Als die Flammen kamen, brach unter den Menschen Panik aus. Die Straßen seien von Autos verstopft worden, es habe keinen Ausweg gegeben und keine Luft zum Atmen, berichteten Augenzeugen.

Die gewaltigen Rauchwolken, die bis nach Athen zogen und dort am Dienstag den Himmel verdunkelten, erschwerten zusätzlich zum starken Wind die Arbeit der Hubschrauber und Löschflugzeuge. Im Laufe des Tages konnten die Feuer jedoch weitgehend unter Kontrolle gebracht werden; am Dienstagabend dann sollte es in der Region regnen.