SPD besteht auf Doppelpass und deutet Kompromissoption an

Berlin (dpa) - Die SPD bleibt hart bei ihrer Forderung nach doppelten Staatsbürgerschaften, deutet aber eine Kompromisslinie in einer Detailfrage an.

Die SPD-Unterhändlerin Aydan Özoguz sagte im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa, am Ende müsse die Optionspflicht abgeschafft und die Mehrstaatigkeit ermöglicht werden. „Das muss sich auch im Koalitionsvertrag wiederfinden“, mahnte sie. „Sonst wird es wirklich ganz eng.“ Denkbar sei aber, die Möglichkeit eines späteren „Generationenschnitts“ zu prüfen. Demnach würde jemand etwa nach zwei oder drei Generationen nicht mehr automatisch mehrere Staatsbürgerschaften bekommen. Unions-Vertreter reagierten zurückhaltend.

Özoguz leitet bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union die Unter-Arbeitsgruppe zu Migration und Integration - gemeinsam mit der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU). Über die Ergebnisse der AG beriet am Donnerstag die große Verhandlungsrunde. Zum Doppelpass gab es aber noch keine Einigung.

Die SPD fordert, doppelte Staatsbürgerschaften generell zuzulassen und die umstrittene Optionspflicht abzuschaffen. Wer in Deutschland geboren ist und ausländische Eltern hat, bekommt demnach zwar die deutsche Staatsangehörigkeit, muss aber bis zum 23. Geburtstag zwischen dem deutschen Pass und dem seiner Eltern wählen. Dies betrifft überwiegend junge Menschen mit türkischen Wurzeln. Die Union lehnt eine Abschaffung dieser Regelung bislang ab.

Özoguz rief CDU und CSU zum Einlenken auf. „Die Union muss mit der Zeit lernen, dass auch jemand, der Sergej oder Ayşe oder Mahmut heißt, Deutscher ist - ohne die Verbindungen zum Herkunftsland seiner Eltern kappen zu müssen.“ Das Optionsmodell sei ein extrem integrationsfeindliches Signal und müsse verschwinden.

Die SPD-Politikerin machte klar, ihre Partei werde nicht von dieser Forderung abrücken. Ein mögliches Entgegenkommen deutete sie lediglich bei einem möglichen „Generationenschnitt“ an: „Ich könnte mir vorstellen, dass man sich auf einen Prüfauftrag verständigen könnte“, sagte sie der dpa. „Wir könnten etwa darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, irgendwann einen Generationenschnitt zu machen, so dass jemand nach zwei oder drei Generationen nicht mehr automatisch mehrere Staatsbürgerschaften bekommt.“ In der vierten oder fünften Generation habe dies möglicherweise keinen Sinn mehr.

Das müssten sich Union und SPD aber sehr genau anschauen. „Das lässt sich nicht in wenigen Wochen Koalitionsverhandlungen übers Knie brechen.“ Özoguz betonte auch, sie glaube nicht, dass ein Entgegenkommen der SPD nötig sei.

Böhmer wertete die Äußerung als Bewegung der Sozialdemokraten: „Das ist ein Signal der SPD.“ Der amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach von einer „plausiblen Idee“. Deutschland habe aber nicht das Recht, jemandem beispielsweise die türkische Staatsbürgerschaft wegzunehmen. Es sei deshalb „ein nett gemeinter Vorschlag, aber die Umsetzbarkeit hängt von den Türken ab“.

Die CSU forderte die SPD auf, für eine Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft einen Prüfauftrag im Koalitionsvertrag zu akzeptieren. Eine Prüfung nur von Detailfragen wie von Özoguz vorgeschlagen reiche nicht aus, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, der dpa. „Ein genereller Prüfauftrag für eine doppelte Staatsbürgerschaft wäre ein Kompromiss. Dann könnten wir ohne zeitlichen Druck das Thema im Laufe der Wahlperiode erörtern.“

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wies das zurück und betonte, ihre Partei werde auf eine klare Vereinbarung zum Doppelpass bestehen. „Den einen oder anderen Prüfauftrag wird es sicher geben, aber nicht an dieser Stelle“, sagte sie. Bei dieser Frage müsse am Ende eine Einigung stehen. Nahles sprach aber von einem „ernsten Bemühen, dass wir zu einem guten Abschluss kommen“.