Streit über möglichen deutschen Libyen-Einsatz

Verlin (dpa) - Das absehbare Ende des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi hat in Berlin die Debatte über einen neuen Auslandseinsatz der Bundeswehr entfacht.

Die Bundesregierung versprach bei einer Anfrage der Vereinten Nationen für eine Friedensmission in Libyen am Montag „konstruktive Prüfung“. Aus der Opposition gab es daraufhin heftige Kritik. Kanzlerin Angela Merkel sagte Libyen für die Zeit nach Gaddafi umfangreiche Hilfe zu.

Zu den Aufgaben einer neuen UN-Friedensmission könnte die Absicherung von humanitären Aufgaben gehören. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) versprach dazu in der „Rheinischen Post“: „Wenn es Anfragen an die Bundeswehr gibt, werden wir das konstruktiv prüfen, wie wir das immer tun.“ Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) schloss eine deutsche Beteiligung nicht aus.

Die SPD wandte sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch strikt gegen eine Entsendung der Bundeswehr. „Diese Frage stellt sich nicht: Soldaten sind jetzt nicht gefragt“, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Fraktionsvize Gernot Erler hielt der Regierung im „Tagesspiegel“ (Dienstag) vor, „ohne Not“ Spekulationen über eine Teilnahme an bewaffneten Missionen zu fördern. Die Linke warnte davor, Soldaten in „militärische Abenteuer“ zu schicken.

Wegen der Enthaltung im UN-Sicherheitsrat zum laufenden Einsatz hatte sich Berlin viel Kritik eingehandelt. Deshalb wird erwartet, dass Deutschland die Bitte um Beteiligung an einer Friedensmission kaum ausschlagen könnte. Offen ist allerdings, ob es zu einer solchen Anfrage überhaupt kommt. Westerwelle betonte: „Die deutsche Kompetenz besteht vor allen Dingen darin, dass wir beim wirtschaftlichen Aufbau helfen können.“

Dazu soll auch die baldige Freigabe des Milliardenvermögens gehören, das auf Auslandskonten von Machthaber Gaddafi und seiner Umgebung beschlagnahmt wurde. Allein auf deutschen Konten liegen mehr als 7,2 Milliarden Euro. Das Geld solle möglichst schnell dem „libyschen Volk“ zugutekommen, sagte Westerwelle. Deutsche Entwicklungshilfe soll es für Libyen dagegen keine geben. Das Land hat riesige Öl- und Gasvermögen.

Westerwelle verteidigte erneut die Entscheidung, der Libyen-Resolution im UN-Sicherheitsrat nicht zuzustimmen. „Jeder hat auf seine Art und Weise einen Beitrag geleistet, dass die Zeit des Regimes von Oberst Gaddafi vorbei ist“, sagte der FDP-Politiker. „Wir Deutsche mit unseren politischen Prioritäten, mit unserer gezielten Sanktionspolitik. Das wird auch international sehr geschätzt.“