Syrien-Krise: Obama und Putin haben es in der Hand
Berlin (dpa) - Die beiden Widersacher Putin werden über ihre Schatten springen müssen, wollen sie im Fall Syrien etwas bewegen. Doch noch herrscht Eiszeit zwischen Obama und Putin. Wird der beim G20-Gipfel in St. Petersburg daran etwas ändern?
Berlin (dpa) - Die beiden Widersacher Putin werden über ihre Schatten springen müssen, wollen sie im Fall Syrien etwas bewegen. Doch noch herrscht Eiszeit zwischen Obama und Putin. Wird der beim G20-Gipfel in St. Petersburg daran etwas ändern?
Es ist gut zweieinhalb Monate her, seit Wladimir Putin und Barack Obama eine denkwürdige Pressekonferenz gaben: Die Präsidenten Russlands und der USA saßen beim G8-Gipfel in Nordirland Mitte Juni beisammen, und aus beinahe jeder Geste, jedem Gesichtszug der beiden sprach Widerwille, in einem Raum zu sein.
Nun reist Obama nach Russland zum G20-Gipfel in St. Petersburg.
Nichts ist inzwischen besser geworden im Verhältnis zueinander. Doch für Gastgeber Wladimir Putin geht es dieses Mal um mehr, als seinem chronischen Unmut über die USA Luft zu machen. Diplomatie ist nun gefragt, wenn der Kremlchef die Staats- und Regierungschefs der führenden Volkswirtschaften (G20) am Donnerstag und Freitag (5./6. September) im prachtvollen Konstantinpalast erwartet.
Auch wenn Putin sich erst sträubte, wird natürlich die Lage in Syrien nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff der Truppen von Präsident Baschar al-Assad auf Zivilisten zur Sprache kommen. Wenn nicht am großen Konferenztisch, dann doch in Hinterzimmern und in kleiner Runde. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will versuchen, zwischen den Großmächten zu vermitteln. Auch China blockiert bisher eine gemeinsame Linie im Weltsicherheitsrat.
Die Gespräche könnten davon profitieren, dass die Drohung Obamas, Assad mit einem militärischen Schlag zu bestrafen, zumindest für den Moment vom Tisch ist. Putin bleibt erspart, einer Gipfelrunde vorzusitzen, die - unter dem Eindruck zerstörter syrischer Militäranlagen - versucht, die Probleme der Weltwirtschaft zu lösen. Putin hatte bei den Vorbereitungen des Treffens auf ehrgeizige Wirtschaftsvereinbarungen hingearbeitet.
Und das eigentliche Thema eines G20-Gipfels - als Treffen der Staats- und Regierungschefs gibt es ihn seit kurz nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers vor fünf Jahren - ist eben die Weltwirtschaft. Und diese ist noch weit davon entfernt, in stabilen Bahnen zu wachsen. In der Eurozone kämpfen weiter viele Länder um Gesundung. Die Zahl der Sorgenkinder ist eher größer als kleiner geworden. Schwaches Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit, leere Kassen - vor allem der Süden Europas ist das Sanieren und Reformieren leid. Da können die Nordländer unter der Führung Deutschlands noch so sehr das Sparen predigen.
Aber nicht nur Europa ist Anlass zur Sorge. Die USA kämpfen weiter mit einem so gewaltigen Loch im Staatshaushalt, dass schon im Herbst die Zahlungsunfähigkeit der noch immer größten Volkswirtschaft der Welt folgen könnte. Solche Szenarien wie auch ein möglicher Militärschlag der USA gegen Syrien sind Gift für die Wirtschaft und verunsichern Investoren rund um den Globus.
Noch pumpt die US-Notenbank billiges Geld in die Wirtschaft, um die Konjunktur anzukurbeln. Doch es gibt erste Anzeichen, dass die USA zurück auf einen stetigen Wachstumspfad kommen. Vor allem die Lage am Arbeitsmarkt bessert sich. Sollte allerdings dieser Strom des billigen Geldes versiegen, dürften aufstrebende Volkswirtschaften wie Indien, Brasilien und Indonesien noch mehr Schwierigkeiten bekommen. Schon jetzt ziehen Großinvestoren Milliarden ab - in der Hoffnung, das Geld sicherer und lukrativer in den USA und in Europa anlegen zu können.
Da überrascht es nicht, dass die sogenannten Brics-Staaten - Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika - einen angeblich 100-Milliarden-Dollar schweren Fonds auflegen wollen, um notfalls ihre Währungen zu stabilisieren. Für Russlands Präsident Putin ist es eine delikate Gratwanderung zwischen nationalem Interesse und globaler Verantwortung. Wohl selten war ein G20-Gipfel - es ist der insgesamt achte - so sehr auch von internationaler Krisenpolitik geprägt wie das Treffen am Finnischen Meerbusen. Viel wird für einen Erfolg davon abhängen, ob Putin und Obama eine gemeinsame Sprache finden.