Türkei erschwert Einreise von Syrern - Signal an EU-Gipfel

Brüssel (dpa) - Die Türkei will den Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien mit einer Visumspflicht bremsen und fordert von den Europäern mehr Entgegenkommen. Die Staats- und Regierungschefs der EU blieben bei ihrem Gipfel in Brüssel in der schwersten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg gespalten.

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Beim zweiten Gipfelthema, den Vorschlägen Großbritanniens für eine EU-Reform, biss Premier David Cameron mit einer zentralen Forderung auf Granit.

Die Visumspflicht für syrische Bürger soll in der Türkei vom 8. Januar an gelten, wie Ministerpräsident Ahmet Davutoglu in Brüssel ankündigte. Zugleich werde die Tür für Menschen offenbleiben, die klar als Flüchtlinge erkennbar seien, sagte ein ranghoher türkischer Regierungsvertreter der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Vorstoß reagiere die Türkei darauf, dass über Ägypten und den Libanon immer mehr Leute mit gefälschten syrischen Pässen ins Land kämen.

Eine Zusammenarbeit mit der Türkei gilt in der EU als Schlüssel, um den Druck in der Flüchtlingskrise zu verringern. Es ist das wichtigste Transitland auf dem Weg nach Europa. In der Türkei sind bereits rund zwei Millionen Flüchtlinge aus Syrien untergekommen. Um ihre Situation zu verbessern, will die EU dem Land mit drei Milliarden Euro helfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte in der Flüchtlingsdebatte, die illegale Zuwanderung nach Europa spürbar zu vermindern.

Am Rande des EU-Gipfels versammelte sich der „Club der Willigen“ aus elf europäischen Ländern, die der Türkei Flüchtlingskontingente abnehmen wollen. Zahlen wurden bisher nicht genannt. Davutoglu forderte, die Umsiedlung von Syrern aus der Türkei in EU-Staaten zu beginnen und insgesamt großzügiger vorzugehen.

Bei dem freiwilligen Programm können alle 28 Mitgliedstaaten mitmachen, aber vor allem Osteuropäer sperren sich. Die niederländische EU-Ratspräsidentschaft, die vom 1. Januar an die Amtsgeschäfte der Union führt, wird eine Arbeitsgruppe einsetzen.

Zum „Club der Willigen“ kamen außer Merkel und Davutoglu auch Spitzenvertreter aus Österreich, Luxemburg, Griechenland, Schweden, Belgien, Finnland, Slowenien, Portugal, Frankreich und den Niederlanden.

Cameron stieß bei einer abendlichen Gipfel-Debatte vor allem mit dem Plan auf Widerstand, dass zugewanderte EU-Bürger mindestens vier Jahre in Großbritannien gearbeitet haben müssen, bevor sie einen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen bekommen. „Wir können nicht hinnehmen, dass unsere Bevölkerung diskriminiert wird“, warnte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite am Rande. Viele EU-Zuwanderer auf der Insel kommen aus Osteuropa, aber auch aus dem Süden des Kontinents. „Einige Teile der britischen Forderungen scheinen nicht hinnehmbar“, sagte EU-Ratschef Donald Tusk.

Die EU lässt sich auf Reformverhandlungen ein, um Großbritannien in der Union zu halten. Eine Lösung wird für den Februar-Gipfel angestrebt. Cameron will seine Landsleute bis Ende 2017 über den Verbleib in der EU abstimmen lassen. Einen Termin für das Referendum gibt es bisher nicht; es wird über Mitte 2016 spekuliert. Cameron sagte in Brüssel: „Wir machen keinen Druck für einen Deal heute, aber wir machen Druck für echte Bewegung.“

Heftig umstritten ist der Vorstoß der EU-Kommission zur Stärkung des europäischen Grenzschutzes. Die Pläne sehen vor, dass eine gestärkte europäische Grenzschutzagentur Frontex notfalls auch gegen den Willen betroffener Staaten zur Sicherung der Außengrenzen aktiv werden kann. Länder wie Polen oder Ungarn kritisieren den Vorstoß.

„Falls wir die Vorschläge der Kommission zurückweisen, werden wir eine andere, ähnlich schmerzhafte Lösung finden müssen“, warnte aber Gipfelchef Tusk. „Europa kann nicht verletzbar bleiben, da Schengen-Staaten nicht in der Lage sind, ihre Grenzen zu schützen.“

Der Gipfel sollte auch Impulse geben, damit die vor rund drei Monaten vereinbarte Umsiedlung von Flüchtlingen innerhalb der EU beschleunigt wird: Von der vereinbarten Zahl von 160 000 Migranten fanden nach jüngsten Angaben gerade einmal 232 einen neuen Wohnsitz.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hält nicht viel von der Idee, Mitgliedsländer mit finanziellem Druck zur schnelleren Umsetzung der vereinbarten Verteilung von Flüchtlingen zu zwingen. „Ich mag diese Drohegebärde nicht so“, sagte der Luxemburger. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann hatte zuvor angedeutet, dass finanzielle Konsequenzen für Länder denkbar seien, die keinen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise leisten wollten.