Uli Hoeneß muss vor Gericht
München (dpa) - Steuersünder Uli Hoeneß kommt auf die Anklagebank. Das Gerichtsverfahren gegen den Präsidenten des FC Bayern stellte am Montag das Champions-League-Spiel der Münchner bei Viktoria Pilsen in den Schatten.
Sichtlich angefasst musste der Club-Patriarch die Meldung kommentieren, dass die Anklage gegen ihn wegen Steuerhinterziehung vom Landgericht München II „unverändert“ zugelassen worden sei.
„Ich bin überrascht, dass unsere Selbstanzeige von den Behörden bis heute nicht als wirksam erachtet wird. Wir werden in den nächsten Monaten bis zum Prozess im März alles tun, um das Gericht von unseren Argumenten zu überzeugen“, sagte der Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters.
Vom Wirbel um den Bayern-Chef wollen sich die Münchner Stars laut Vizekapitän Bastian Schweinsteiger nicht ablenken lassen, um am Dienstagabend (20.45 Uhr/Sky) im gerade einmal 12 000 Zuschauer fassenden Stadion des tschechischen Meisters die nächste Topleistung in Europas Fußball-Königsklasse abzurufen. Mit dem vierten Sieg im vierten Gruppenspiel können die Bayern den Einzug in das Achtelfinale womöglich schon frühzeitig perfekt machen.
„Wir können uns ungestört auf das Spiel vorbereiten, das hat nichts mit dem Fußball zu tun“, versicherte Schweinsteiger nach der verspäteten Ankunft der Münchner Reisegruppe im Teamhotel. Wie kann das Team dem Präsidenten in belastenden Zeiten helfen? „Wir tun ihm den größten Gefallen, wenn wir die Spiele gewinnen und Erfolg haben“, antwortete der Nationalspieler.
Ob mit oder ohne Sieg - noch maßgeblicher für Hoeneß' Seelenheil dürfte die breite Unterstützung aus seinem Umfeld sein. Schon kurz nach Bekanntwerden, dass sich der 61-Jährige vom März an vor Gericht verantworten muss, meldete sich der Bayern-Aufsichtsrat. Trotz des anstehenden Prozesses solle er Aufsichtsratschef bleiben, hieß es in einer Mitteilung.
„Das ist keine Überraschung“, sagte Hoeneß. „Aufsichtsrat, der Verwaltungsbeirat und die Fans haben mir von Anfang an den Rücken gestärkt. Das hat mir und meiner Familie natürlich in den letzten schwierigen Monaten natürlich extrem geholfen.“
Zurückhaltender fiel die Reaktion von höchster Regierungsstelle aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich nach Bekanntwerden der Affäre im April „enttäuscht“ vom Bayern-Präsidenten gezeigt hatte, wollte sich zur neuen Entwicklung nicht äußern. „Das sind rechtsstaatliche Abläufe, die wir hier nicht mit Gefühlen zu kommentieren haben“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert kühl. „Der Rechtsstaat nimmt seinen Lauf.“
Dabei hatte Hoeneß, der die Affäre mit seiner Selbstanzeige im vergangenen Januar beim Finanzamt selbst ins Rollen gebracht hatte, wohl bis zuletzt gehofft, einem Prozess entkommen zu können. Noch Ende Juli hatte er sich mit Blick auf seine schwierige Steuer-Causa optimistisch gezeigt.
Der Planung des Gerichts zufolge muss Hoeneß vom 10. März an auf der Anklagebank Platz nehmen. Bisher sind vier Verhandlungstermine angesetzt, auch die Vernehmung von vier Zeugen ist vorgesehen. Die Staatsanwaltschaft München II hatte Ende Juli Anklage gegen den Vereinschef erhoben.
Am vergangenen Donnerstag habe die zuständige Kammer per Beschluss die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen, teilte Gerichtssprecherin Andrea Titz mit. Details zum Anklagevorwurf könnten „aufgrund der besonderen Geheimhaltungspflichten in Steuerstrafverfahren“ bis zur Verlesung des Anklagesatzes in öffentlicher Sitzung nicht mitgeteilt werden. Bei besonders schwerer Steuerhinterziehung drohen bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Der renommierte Experte für Unternehmensführung, Christian Strenger, fordert von Bayern-Präsident Uli Hoeneß schon jetzt persönliche Konsequenzen. „Hoeneß sollte jetzt zurücktreten“, sagte Strenger der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstag). Er zählt zu den bekanntesten Fachleuten in Fragen guter Unternehmensführung (Corporate Governance) und ist Mitglied der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. Auch das Kontrollgremium des deutschen Fußball-Rekordmeisters forderte Strenger zum Handeln auf.
Franz Beckenbauer warnte vor einer gesellschaftlichen Ächtung von Steuersünder Hoeneß. „Ich denke, wir sollten niemanden verurteilen, der mal einen Fehler gemacht hat. Selbst die katholische Kirche gewährt eine zweite Chance“, sagte der Bayern-Ehrenpräsident. In dem Prozess sieht Beckenbauer für Hoeneß aber auch die Chance, „alles offenzulegen und zu beweisen, es war wirklich ein Fehler“.