Union geschlossen für Einschränkungen bei Syrern
Berlin (dpa) - In der Union ertönt der Ruf nach weiteren Einschränkungen für Flüchtlinge immer lauter. Vor der Sitzung der Bundestagsfraktion an diesem Dienstag sprachen sich zahlreiche Unionspolitiker für die Rückkehr zur Einzelfallprüfung oder andere Einschränkungen bei syrischen Flüchtlingen aus.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt dabei auf eine rasche Einigung. Der sogenannte subsidiäre Schutz mit eingeschränktem Nachzugsrecht für Familienangehörige gelte nur für einen kleinen Teil der Flüchtlinge.
Im Moment stehe die Frage, ob künftig wieder erst nach mündlichen Anhörungen über den Schutzstatus von Syrern entschieden werde, sagte sie am Montagabend in Schwerin. Seit einem Kurswechsel im November 2014 bekommen Syrer ohne Einzelfallprüfung fast durchweg Flüchtlingsschutz nach der Genfer Konvention - und damit das Recht auf einen längeren Aufenthalt und Familiennachzug.
Über die Frage würden die Innenminister von Bund und Ländern bald diskutieren, fügte Merkel hinzu. „Und ich hoffe, wir kommen dabei auch zu einer einvernehmlichen Lösung. Es muss Beschleunigung einerseits und Ordnung andererseits der Asylverfahren gewährleistet werden.“
Mehrere SPD-Innenminister kritisierten zwar den zuerst von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) unternommenen Vorstoß, Syrern nur noch den eingeschränkten subsidiären Schutz zu gewähren. Nach Kritik der SPD und auf Veranlassung des Kanzleramts hatte er ihn wieder zurückgezogen. Eine klare und grundsätzliche Ablehnung aber vermieden die Sozialdemokraten.
Der Sprecher der SPD-geführten Innenressorts, der Nordrhein-Westfale Ralf Jäger, sagte der „Welt“ (Dienstag): „Anstatt immer neue Vorschläge zu diskutieren, sollten wir endlich das eigentliche Kernproblem lösen. Die Asylverfahren dauern viel zu lang, und der Aktenstau wächst von Tag zu Tag.“
Sein niedersächsischer Kollege und Parteifreund Boris Pistorius sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“: „Ich kann den Vorstoß des Bundesinnenministers zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollziehen.“ Auch humanitär halte er ihn für fragwürdig. Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann erklärte im gleichen Blatt: „Wir fassen im Wochentakt kluge Beschlüsse, wichtig ist, diese auch umzusetzen.“
Dem bedrängten de Maizière waren zuerst CSU-Chef Horst Seehofer und der in der Union schwergewichtige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beigesprungen. Andere CDU-Politiker schlossen sich an.
Der CDU-Vizevorsitzende Thomas Strobl sagte dem „Handelsblatt“: „Wir werden, ohne Deutschland zu umzäunen, ohne unser Land abzuschotten, insgesamt zu einer Steuerung und Begrenzung der Flüchtlingszahlen kommen müssen.“ Und: „Dabei werden wir um Einschränkungen beim Familiennachzug nicht herumkommen.“ Seine Stellvertreter-Kollegin Julia Klöckner erklärte in der „Rheinischen Post“: „Das Asylrecht ist ein Recht für den Einzelnen, nicht für ganze Nationen. Es bedarf daher konsequenterweise auch einer Einzelfallprüfung.“
Kritik daran wies der Innenausschuss-Vorsitzende Ansgar Heveling (CDU) zurück: „Wir hatten die Einzelfallprüfung ja bereits bis 2014. 70 Prozent der Flüchtlinge haben damals einen Schutzstatus nach Genfer Flüchtlingskonvention erhalten - inklusive Recht auf Familiennachzug“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag).
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) wies darauf hin, dass die meisten syrischen Flüchtlinge aus Lagern in den Nachbarländern nach Deutschland kämen. „Ja, dort herrschen oft schwierige
Verhältnisse, aber es sind keine Kriegsgebiete“, sagte er der „Mittelbayerischen Zeitung“ (Dienstag). CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer appellierte in der „Bild“-Zeitung (Dienstag): „Wir brauchen von der SPD jetzt ein Zeichen der Vernunft, keine Blockade.“
Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, nannte eine Aussetzung des Familiennachzugs von Frauen und Kindern in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag) dagegen einen „glatten Bruch aller Menschen- und Kinderrechte“. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sprach im selben Blatt von „Gift für eine schnellere Integration“.