US-Haushaltsstreit lässt Börsen kalt
Frankfurt/Main (dpa) - Europas Aktienmärkte bleiben von der Eskalation des Haushaltsstreits in den USA bisher ungerührt. Die wichtigsten europäischen Börsen zeigten sich am Dienstag weitgehend erholt von ihren Vortagesverlusten.
Der deutsche Leitindex Dax stieg bis zum Mittag um 0,6 Prozent auf 8646 Punkte. Im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,59 Prozent aufwärts. Einige Händler äußerten sich überrascht, dass die Märkte sowohl der Haushaltssperre in den USA als auch der Regierungskrise in Italien trotzten.
Für Analyst Gregor Kuhn vom Broker IG sind die bisherigen Verluste an den Aktienmärkten rund um den US-Budgetstreit „erstaunlich moderat ausgefallen“. Mit dem Verwaltungsstillstand rückt an den Märkten nun die Debatte um die US-Schuldenobergrenze näher.
Nachdem sich Demokraten und Republikaner nicht auf einen Übergangshaushalt hatten einigen können, fing am Dienstag das neue Haushaltsjahr in den USA ohne neuen Etat an. Die Folge ist der sogenannte „government shutdown“: Hunderttausende Bundesangestellte gehen zum 1. Oktober in den Zwangsurlaub. Ein Kompromiss zwischen beiden politischen Lagern im US-Kongress ist die Voraussetzung dafür, dass die gesetzliche Schuldenobergrenze von derzeit 16,7 Billionen Dollar angehoben werden kann.
Die Konjunkturexperten der Dekabank sehen ein Scheitern dieser Verhandlungen schwerwiegender. Werde die Deckelung bis Mitte Oktober nicht angehoben, könnten die USA in die Situation geraten, nicht mehr alle Zinszahlungen fristgerecht überweisen zu können, schrieben sie. Börsianer befürchten dann eine noch größere Verunsicherung der Anleger. Hinzu komme weitere Unsicherheit wegen der instabilen Regierung in Italien. Dort haben fünf Minister aus Silvio Berlusconis Partei PdL die Regierung verlassen, Premier Enrico Letta will im Parlament die Vertrauensfrage stellen.
Auch die deutsche Wirtschaft warnt vor einem Scheitern der kommenden Verhandlungen in den USA. Die Auswirkungen des aktuellen Verwaltungsstillstandes seien wohl überschaubar - doch „ein weitaus größeres wirtschaftliches Risiko liegt in der Zahlungsunfähigkeit des Staates, wenn der Kongress die Schuldenobergrenze bis Mitte Oktober nicht erhöht“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Markus Kerber, am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa.
Eine andauernde Lähmung der amerikanischen Haushalts- und Schuldenpolitik würde zu Investitionsunsicherheit führen, die zulasten der immer noch fragilen wirtschaftlichen Erholung in den Vereinigten Staaten ginge. „Da die USA der größte deutsche Exportmarkt außerhalb der EU sind, hat dies auch negative Auswirkungen auf den deutschen Außenhandel“, sagte Kerber.