Treffen am Freitag Was Merkel und Trump bewegt
Berlin/Washington (dpa) - Vor dem ersten persönlichen Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Donald Trump stehen viele Fragen im Raum.
Nach der kurzfristigen Verschiebung wegen eines drohenden Schneesturms an der US-Ostküste soll das Treffen nun am Freitag stattfinden. Zentrale Komplexe des Gesprächs in Washington:
Werden Merkel und Trump Vertrauen aufbauen können?
Die Kanzlerin hat ihren unverrückbaren Standpunkt klargemacht: Deutschland verdanke den USA viel, auch den sicheren Umgang mit grundlegenden Werten. Nach Trumps irritierendem Wahlkampf fordert sie aber ein, dass auch er sich an diese Werte hält. Merkel pocht auf Freiheit (auch des Handels), Respekt vor dem Recht und der Würde des Anderen. Die kühle Physikerin lässt sich nicht schnell vereinnahmen. Sie will aber den Blick nach vorn richten, Trumps Attacken gegen ihre Flüchtlingspolitik nicht ansprechen und das transatlantische Verhältnis auch mit ihm auf eine gute Basis zu stellen - Vertrauen inklusive. „Miteinander reden statt übereinander reden - das wird mein Motto sein bei diesem Besuch“, kündigte sie am Montag an.
Wie sieht es mit Trumps Vertrauen aus?
So richtig traut der Präsident eigentlich nur seiner Familie und seinem engsten Umfeld. Gleichwohl hieß es zum Besuch ausdrücklich, Sinn und Zweck sei der Aufbau einer persönlichen Beziehung.
Was mag aus dem deutsch-amerikanischen Verhältnis werden?
Merkel hat es wieder und wieder betont: Kein Partner ist für Deutschland so wichtig wie Amerika. Nur einmal, während der Geheimdienst-Spionageaffäre zu Zeiten von Barack Obama, hat sie den Superlativ „wichtigster Partner“ abgeschwächt. Dennoch ließ und lässt sie keinen Zweifel daran, dass die USA für Deutschland unverzichtbar in allen wichtigen Fragen sind. Deutsche Diplomaten sagen, es gehe um die Beziehung als Handels-, Sicherheits- und Wertepartner.
Wie sieht Trump das?
Unmittelbar vor dem eigentlich für Dienstag geplanten Besuch wurden aus dem Weißen Haus reichlich Freundlichkeiten verbreitet - aber in den vergangenen Wochen und Monaten hat Deutschland für Trump und sein Team keine große Rolle gespielt. Nun heißt es, das „größte Land Europas“ und die USA müssten gut zusammenarbeiten. Trump wird sich kaum auf Vorbedingungen einlassen, sei es die Pressefreiheit oder der Rechtsstaat. Für eine gemeinsame Geschichte oder geteilte Werte hat Trump sich bisher wenig interessiert, heißt sein Grundsatz doch „Amerika zuerst“.
Wie kann eine gemeinsame Außenpolitik aussehen?
Merkel braucht Trump, Deutschland braucht die USA, um sich gemeinsam internationalen Aufgaben zu stellen. Für Berlin wäre es ein herber Rückschlag, wenn Washington die gemeinsame Haltung mit Europa zu Russland schwächen würde, indem Trump eine Lockerung der Sanktionen gegen Moskau wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und des Konflikts in der Ost-Ukraine bewirken würde. Merkel will die EU unbedingt zusammenhalten, Trump dagegen hat das Ausscheiden Großbritanniens wohlwollend kommentiert. Wie viel Gemeinsamkeit aus US-Sicht in den neu entwickelten Strategien für Syrien oder für Afghanistan stecken wird, weiß noch niemand.
Welche Rolle spielt Russland dabei?
Eine sehr große. Trump will Merkel angeblich um Rat fragen, wie man es mit Moskau halten solle. Das wäre mindestens atmosphärisch ein geschickter Schachzug. Das Thema Russland begleitet Trump wie eine dunkle Wolke. Washingtons Verhältnis zu Moskau ist weniger definiert, als das noch im Wahlkampf aussah. Merkel hat hierzu sehr klare Vorstellungen - und reichlich Erfahrung mit Präsident Wladimir Putin.
Was hat Deutschland in der Handelspolitik zu erwarten?
Die Sorge vor einer Eskalation ist groß. Die USA waren 2016 größter Absatzmarkt für Produkte „Made in Germany“. Deutschland exportiert aber weit mehr als es aus den USA importiert. Am Handelsüberschuss von 49 Milliarden Euro stört sich Washington schon lange. Trump hat als erster US-Präsident angedroht, protektionistisch dagegen vorzugehen. Washington wirft Deutschland vor, sich auf Kosten der USA und der Euro-Partner mit Hilfe eines unterbewerteten Euro Vorteile zu verschaffen. Trump drohte Importzölle auf Waren ausländischer Unternehmen an - das Kanzleramt wird darauf achten, dass deutsche Firmen dann keine Wettbewerbsnachteile erleiden. Trump schweben bilaterale „Deals“ vor, was Berlin unter Hinweis auf die EU ablehnt. Möglicherweise gibt es auch Bewegung, sollte Washington die EU doch als „einen“ Partner eines bilateralen Abkommens definieren. Dann hätte womöglich sogar das auf Eis gelegte Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU noch eine Chance.
Hat die Nato noch eine gesicherte Basis?
Trumps Verbalattacke, die Nato sei „obsolet“, ist überholt. Er ließ auch durch seinen Vize Mike Pence, Außenminister Rex Tillerson und Verteidigungsminister James Mattis die Wogen glätten. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz gab es ein klares US-Bekenntnis zur Nato, aber auch die Forderung - wie schon von Obama -, dass die Partner mehr Geld für die Verteidigung ausgeben müssten. Merkel bekennt sich zur Vereinbarung der Nato von 2014, dass sich alle Mitglieder bis 2024 bei ihren Verteidigungsausgaben auf den Richtwert von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zubewegen. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hält das für „völlig unrealistisch“. Trump wünscht sich von Deutschland aber eine Vorreiterrolle.