Fragen & Antworten Was sich hinter Obamas Vergeltungsmaßnahmen verbirgt
Washington (dpa) - Kurz bevor Barack Obama aus dem Amt scheidet, sucht er noch einmal offen die Konfrontation mit Russland. Er verhängt Sanktionen und lässt Diplomaten ausweisen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Was ist Obamas Motivation dafür, in den letzten Tagen seiner Amtszeit noch einmal so deutlich in die Offensive zu gehen?
Er hatte die Vergeltung für die mutmaßlichen Hackerangriffe Russlands seit längerem angekündigt, er musste Wort halten. Dass ein russischer Geheimdienst sich zugunsten des republikanischen Präsidentschaftskandidaten in den amerikanischen Wahlkampf eingemischt haben soll, erzürnt in Washington die Gemüter auf beiden Seiten des politischen Flurs.
Selbst allein der Vorwurf reichte aus, um Russland sehr stark erscheinen zu lassen. Obama stand unter Druck, dem etwas entgegenzusetzen. Seine Handlung passt zudem in ein Muster: In seinen letzten Wochen im Amt bis zum 20. Januar präsentiert er sich auf vielen Gebieten noch einmal als entscheidungsfreudig und entschlossen, auch um es seinem republikanischen Nachfolger Donald Trump bei dessen angekündigtem Neustart nicht allzu einfach zu machen. So enthielten sich die USA im UN-Sicherheitsrat bei einer Abstimmung zum israelischen Siedlungsbau - und erzürnten damit Regierungschef Benjamin Netanjahu. Zudem erschwerte Obama Trump Ölbohrungen in der Arktis.
Was beinhalten Obamas Maßnahmen gegen Russland im Einzelnen?
Er verhängte Sanktionen gegen den Militärgeheimdienst GRU und den Inlandsgeheimdienst FSB. Die US-Regierung beschuldigt die Dienste, hinter der Operation mit Hackerangriffen zu stehen.
Auch der GRU-Direktor Igor Korobow, sein Stellvertreter und zwei weitere hochrangige Mitarbeiter wurden auf die Sanktionsliste gesetzt. Die Wirkung der Maßnahmen ist aber wohl vor allem symbolischer Natur: Es ist fraglich, ob die damit verbundenen Einreiseverbote und Vermögenssperren die Geheimdienstler wirklich treffen. Ebenfalls von den Strafmaßnahmen betroffen sind drei russische Technologieunternehmen.
In einem separaten Schritt belegte das Finanzministerium zwei russische Staatsbürger mit Sanktionen, denen das FBI Cyberkriminalität vorwirft: Alexej Belan und Jewgeni Bogatschjow.
Das Außenministerium gab zudem 35 russischen Diplomaten den Status „Persona non grata“, wodurch sie gezwungen werden, die USA zu verlassen. Zwei russische Einrichtungen an der amerikanischen Ostküste wurden geschlossen.
Wer sind die 35 Personen?
Es sind Mitarbeiter der Botschaft in Washington und eines Konsulats in San Francisco. Sie haben Diplomatenstatus, die US-Regierung bezeichnet sie als Geheimdienstmitarbeiter. Welche Aktivitäten ihnen genau vorgeworfen wird, ist aber unklar. So ist offen, ob sie etwas mit den Hackingvorwürfen zu tun haben.
Ihre Namen wurden nicht genannt. Die „New York Times“ berichtete, das Weiße Haus und das Außenministerium hätten die Zahl 35 ausgewählt und dem FBI mit der Bitte vorgelegt, Individuen zu benennen, die die Behörde schon länger der Spionage bezichtige. Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa sagte, unter den Ausgewiesenen seien Mitarbeiter, die erst seit zwei Monaten in den USA seien.
Was hat es mit den russischen Einrichtungen auf sich, die die US-Regierung schließen ließ?
Es sind zwei Anwesen, die der russischen Regierung gehören. Eines liegt in Maryland, das andere auf Long Island. Aus dem Weißen Haus heißt es, beide seien von den Russen zu mehreren Zwecken genutzt worden: für Geheimdienstaktivitäten, aber auch zur Erholung.
Ein Washingtoner Lifestyle-Magazin beschrieb die Datsche in Maryland 2007 als Rückzugsort des damaligen russischen Botschafters. Über das Haus auf Long Island sagten Anwohner der „New York Times“, Familien mit Kindern seien dort ein- und ausgegangen. Wie die Zeitung weiter berichtete, beschuldigte schon die Regierung des Republikaners Ronald Reagan 1982 die russische Seite, den Komplex zu Spionagezwecken gegen Long Islands Militäreinrichtungen zu nutzen.
Warum verzichtet Russland auf Gegenmaßnahmen?
Was zunächst wie eine Schwäche aussieht, stärkt Putin bei genauer Betrachtung. Hätte er nach den Prinzipien wie im Kalten Krieg gehandelt, hätte er kurzum Gleiches mit Gleichem vergolten und ebensoviele Diplomaten ausgewiesen wie die USA. Doch stattdessen lässt er Obama auflaufen und gibt sich damit Zeit, bis in drei Wochen Donald Trump das Ruder in Washington übernimmt. Sollte dieser die Sanktionen dann zurücknehmen, geht Putins Rechnung auf. Wenn nicht, hat der Kreml bereits klar gemacht, dass er noch immer reagieren kann.
Welche Auswirkungen werden für das Verhältnis Putin-Trump erwartet?
Experten und Politiker in Moskau sind überzeugt, dass Obama mit den Sanktionen Russland und die USA weiter entzweien will, um Trump den Start ins Amt zu erschweren. Putin bekräftigt jedoch, dass er auf eine bessere Zusammenarbeit mit Trump als mit Obama hofft. Daher dürfte sich vorerst kaum etwas an den hohen Erwartungen ändern.