Hintergrund Was wir über Amris Flucht wissen - und was nicht
Berlin (dpa) - Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember wurde in ganz Europa nach Anis Amri gefahndet. Der 24-jährige Tunesier tauchte unter - und auf einem Bahnhof bei Mailand wieder auf.
Dort wurde er am Freitag von einem Polizisten erschossen. Auch eine Woche nach dem Attentat waren die genauen Umstände von Amris Flucht unklar.
WAS WIR WISSEN
War Amri der Attentäter von Berlin?
Die Ermittler sind sich sicher, dass Anis Amri (24) bei dem Terroranschlag am Montagabend den Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert und mindestens zwölf Menschen getötet hat. Seine Fingerabdrücke wurden am Fahrerhaus des Lastwagens sichergestellt.
Wie kam Amri zum Bahnhof Sesto San Giovanni bei Mailand?
Zumindest sein Weg von Frankreich nach Italien ist grob bekannt: Nach dpa-Informationen gelangte der 24-jährige über Lyon nach Italien. Das Bahnticket in Lyon habe er am Donnerstag gekauft, schrieb die französische Wochenzeitung „Journal de Dimanche“. Amri habe einen zweiten Fahrschein nach dem Umsteigen in Chambéry in einem nach Mailand führenden Hochgeschwindigkeitszug in bar gelöst, berichtete der Radiosender Europe 1. Über Chambéry fuhr er italienischen Polizeiangaben zufolge nach Turin und von dort mit der Bahn nach Mailand, wo er am frühen Freitagmorgen am Bahnhof Sesto San Giovanni erschossen wurde.
Kannte Amri Italien?
Ja. Der Tunesier war 2011 nach seiner Flucht über das Mittelmeer nach Italien gekommen. Wegen verschiedener Gewalttaten saß er dort vier Jahre im Gefängnis. 2015 setzte er sich nach Deutschland ab. Er war in Kalabrien, bevor er Italien verließ.
WAS WIR NICHT WISSEN
Wo war Amri unmittelbar nach dem Anschlag, und wann genau hat er Deutschland verlassen?
Das ist nicht bekannt. Noch am Donnerstagabend hatten die Ermittler Amri in Berlin vermutet, wie etwa der „Tagesspiegel“ berichtete. Das RBB-Fernsehen hatte Bilder einer Überwachungskamera gezeigt und berichtet, darauf sei Amri vor einem Moschee-Verein zu sehen, der als Salafisten-Treffpunkt gilt. Am Freitag teilte jedoch der Chef des Landeskriminalamts, Christian Steiof, mit, bei der Person handele es sich nicht um Amri.
Wie gelangte Amri von Berlin nach Lyon?
Dazu gibt es noch keine Informationen.
Hatte er Helfer bei seiner Flucht?
Es ist noch nicht klar, ob der 24-jährige Tunesier ein Komplizennetzwerk hatte. Generalbundesanwalt Peter Frank betonte, dies müsse dringend untersucht werden. Tunesische Sicherheitsbehörden nahmen am Samstag drei Männer fest, darunter einen Neffen Amris. Der Neffe soll nach Angaben tunesischer Sicherheitskräfte gestanden haben, dass er mit dem mutmaßlichen Attentäter auf einem verschlüsselten Weg über eine Nachrichtenapp in Kontakt gestanden habe. Sein Onkel habe gewollt, dass er der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Treue schwöre. Ob die Festgenommenen etwas mit dem Anschlag in Berlin zu tun hatten, ist nicht bekannt.
Was wollte er in Italien?
Es ist möglich, dass er noch Kontakte von seinem früheren Aufenthalt in Italien hatte. Ob sich dies nach seinem Tod noch klären lasst, ist fraglich.
Wollte er von Sesto San Giovanni weiterreisen?
Das ist nicht bekannt. Eine Hypothese ist, dass er sich falsche Papiere besorgen wollte. Angeblich gibt es in der Nähe ein Zentrum, gegen das wegen Herstellung falscher Dokumente schon einmal ermittelt wurde.
Und wohin?
Eine Vermutung ist, dass Amri aus Europa weg wollte. Marokko könnte ein Ziel gewesen sein. In der Nähe des Bahnhofs Sesto San Giovanni fahren viele Fernbusse ab. Angeblich wollte er am Freitag von Mailand nach Süditalien weiterreisen, berichteten italienische Medien.
Was ist zur Pistole bekannt, die er in Italien bei sich hatte?
Die Ermittler versuchen noch herauszufinden, ob die Waffe, die Amri bei seinem Tod bei sich trug und mit der er auf die beiden italienischen Polizisten schoss, dieselbe ist, mit der in Berlin der Fahrer des gestohlenen Lastwagens getötet wurde. Aus Italien gab es dazu am Montag keine weiteren Informationen.