Welche Regeln gelten für eine Urabstimmung?
Berlin (dpa) - Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) steht im Verdacht, beim Ergebnis der Urabstimmung über Streiks bei der Bahn nicht die maßgebliche Prozentzahl genannt zu haben.
Demnach könnte die nötige Stimmenzahl für eine Zustimmung zum Streik verfehlt worden sein. Das Problem: Eine gesetzliche Vorschrift dazu gibt es nicht. Die Regeln der Gewerkschaften in Satzungen und Arbeitskampfordnungen sind ähnlich, aber nicht identisch.
Bei der GDL hatten sich nach deren Angaben 91 Prozent der an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder für einen Arbeitskampf ausgesprochen. Die Gewerkschaft verweist auf ihre Arbeitskampfordnung, in der es heißt, dass „75 Prozent der an der Urabstimmung beteiligten stimmberechtigten Arbeitnehmer“ für eine Zustimmung zum Streik erforderlich seien.
Nach Ansicht der GDL ist das so auszulegen, „dass damit nur jene Mitglieder erfasst werden, die ihre Stimme abgegeben haben. Nur durch diese aktive Stimmabgabe treten sie in eine Beteiligung ein.“
Das sieht der Kölner Arbeitsrechtler Christian Birnbaum anders: „Es sind alle Mitglieder zu befragen, ob sie mit der Arbeitskampfmaßnahme einverstanden sind“, sagt er. „Und wenn ich eine Zustimmung von 75 Prozent benötige, muss ich natürlich auch alle Mitglieder zählen.“ Diejenigen, die keinen Rückläufer geschickt hätten, müssten dann als Nichtzustimmung gewertet werden. Sollte sich ein Streik als illegal herausstellen, wäre die Gewerkschaft theoretisch auch zu Schadenersatz an das Unternehmen verpflichtet, fügte der Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzu.